Mohamed Muizzu heißt der neue Präsident auf den Malediven, und jeder seiner Schritte wird nun genau beobachtet werden - nicht nur in seinem kleinen tropischen Inselstaat, sondern auch in den Hauptstädten der großen Mächte. Das liegt daran, dass die Malediven im Indischen Ozean liegen, nicht weit von den maritimen Verkehrswegen, welche die Kontinente miteinander verbinden. Sie sind von geostrategischer Bedeutung, und jeder, der dort regiert, muss sich jetzt vor allem mit zwei Regierungen arrangieren: der indischen und der chinesischen. Delhi und Peking konkurrieren um Einfluss, und eine Bühne dafür ist der Indische Ozean.
Der bisherige Präsident Ibrahim Solih hat seit 2018 eine klare India-First-Politik etabliert. Die wachsende Nähe zu Delhi empfanden viele Wähler aber offenbar als zu starke Umarmung. Solihs Rivale, Mohamed Muizzu, konzentrierte seinen Wahlkampf ganz darauf, diese enge Bindung infrage zu stellen. Damit traf er offenbar einen Nerv. Das Narrativ, dass die staatliche Eigenständigkeit auf dem Spiel stehe, hat offenbar viele zu Muizzu getrieben. Manche waren auch enttäuscht, dass Solih die Korruption nicht so bekämpfte wie versprochen. Muizzu siegte am Samstag in der Stichwahl mit 54 Prozent der Stimmen.
Der Neue signalisiert, dass indische Soldaten abziehen müssten
Der 45-jährige Wahlgewinner gilt als ein Mann, der stärker mit Peking zusammenarbeiten möchte. Sein Triumph dürfte der dortigen Regierung willkommen sein, passt er doch zu Chinas strategischen Bemühungen, ein Netz von Verbündeten im Indischen Ozean zu knüpfen. Zudem durchkreuzt der Wechsel im maledivischen Präsidentenamt Indiens Pläne, mehr Kontrolle über die Gewässer vor seinen Küsten zu erlangen.
Vor einiger Zeit machten Gerüchte die Runde, Indien habe sich mittels geheimer militärischer Verträge einen Marinestützpunkt in dem südlichsten Malediven-Atoll Addu gesichert. Wieviel indisches Militär tatsächlich auf den Malediven stationiert ist, bleibt ein Geheimnis. Als gesichert gilt, dass Indien dort zwei Hubschrauber und ein kleines Flugzeug für Noteinsätze bereithält.
Muizzu, bislang Bürgermeister der Hauptstadt Male, signalisiert nun, dass indische Soldaten von den Malediven abziehen müssten. Schon kurz nach seinem Sieg wurde er mit dem Satz zitiert: "Das Volk hat uns gesagt, dass es kein fremdes Militär hier wünscht." Allerdings bestehen sehr viele Verflechtungen mit Indien, so dass unklar ist, wie weit sich der neue Präsident letztlich von Delhi wird lösen können.
Muizzus Sprung an die Spitze des Staates verdankt er vor allem dem Umstand, dass der vorletzte Präsident Abdulla Yameen bei den Wahlen verhindert war. Ein Gericht hatte ihn wegen Geldwäsche und Bestechlichkeit zu einer elfjährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Sein politisches Lager brachte daraufhin Muizzu als Kandidaten ins Spiel. Er war Bauminister unter seinem Mentor Yameen und hat in diesen Jahren viel Erfahrung im Umgang mit China gesammelt.
Ein schwieriger Weg für einen kleinen Staat, um den so große Mächte buhlen
Yameen, Präsident von 2013 bis 2018, war nahe an Peking herangerückt. China investierte stark in die Infrastruktur, eine riesige Brücke verbindet inzwischen den internationalen Flughafen mit der Hauptstadt Male. Doch das Bauwerk symbolisiert auch die hohe Staatsverschuldung der Malediven. Wie auch im Falle Sri Lankas verweisen Kritiker auf die Schattenseiten des von China getriebenen Aufschwungs: Das schnelle Geld aus Pekings Kassen habe den Staat in eine gefährliche Schuldenfalle getrieben.
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Offenbar aber waren diese Bedenken nicht so wahlentscheidend wie das wachsende Misstrauen gegenüber angeblichen militärischen Geheimverträgen mit Delhi, die an der Souveränität des kleinen Inselstaates kratzen würden.
Wahlsieger Muizzu spricht nun davon, dass es um die richtige Balance in den Beziehungen mit den großen Mächten gehe, um die Notwendigkeit, sich nicht allzu stark an einen einzigen Partner zu ketten. Er kündigt an, "die Unabhängigkeit der Malediven zurückzugewinnen". Das kommt gut an bei den Menschen - und ist doch ein schwieriger Weg für einen so kleinen Staat, um den so große Mächte buhlen.