Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat den umstrittenen Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen ablösen lassen. Er habe den Bundespräsidenten gebeten, Maaßen mit sofortiger Wirkung in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen, erklärte Seehofer vor Journalisten in Berlin.
Die vorläufige Leitung des Bundesamtes werde der bisherige Vize-Chef Thomas Haldenwang übernehmen, bis ein Nachfolger für Maaßen gefunden sei. "Ich danke Herrn Maaßen für seine geleistete Arbeit", erklärte Seehofer.
Auf Nachfrage erklärte der Innenminister, er sei auch "ein Stück menschlich enttäuscht" angesicht der jüngsten Äußerungen seines Spitzenbeamten. Seehofer hatte sich in den vergangenen Wochen stets hinter Maaßen gestellt. Nun aber sei aus seiner Sicht "eine Grenze überschritten".
In einer Abschiedsrede am 18. Oktober vor dem "Berner Club", einem internationalen Kreis von europäischen Geheimdienstchefs, hatte Maaßen seine umstrittenen Äußerungen zu den Ausschreitungen von Chemnitz verteidigt.
Seehofer nannte mit Blick auf Maaßens Redetext "drei Felder", die ihn zu seiner Personalentscheidung gebracht hätten.
- Seehofer warf Maaßen vor, "eine politisch abgeschlossene Angelegenheit" neu befeuert zu haben. Der Minister verwies darauf, dass Maaßen in seinem Beisein bei seinem Auftritt im Innenausschuss ein umstrittenes Interview in der Bild-Zeitung mehrfach bedauert habe - anders, als er in seiner Rede suggerierte.
- Der CSU-Chef nannte es inakzeptabel, dass Maaßen behauptete, in der Regierungspartei SPD gebe es "linksradikale Kräfte".
- Außerdem war es für Seehofer nicht hinnehmbar, dass Maaßen undifferenziert von einer "naiven und linken Ausländer- und Sicherheitspolitik" gesprochen hatte.
Maaßen ließ die Rede im Intranet des Bundesamtes für Verfassungsschutz veröffentlichen, wodurch die Aussagen bekannt wurden. Mehrere Politiker der großen Koalition forderten daraufhin, Maaßen sofort in den Ruhestand zu versetzen. Seehofer erklärte, er habe vom Inhalt der Rede am vergangenen Freitag erfahren.
Hans-Georg Maaßen hatte im August 2012 sein Amt als Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz angetreten. Im Sommer 2018 war er wegen eines Interviews in die Kritik geraten, in dem er die Echtheit eines Videos zu den rechten Ausschreitungen in Chemnitz angezweifelt hatte. Auch Maaßens Kontakte zu Politikern der sich immer weiter radikalisierenden Rechtspopulisten von der AfD hatten für Irritationen gesorgt.
Nach wochenlangem Streit einigte sich die Regierungskoalition schließlich darauf, dass Maaßen als Sonderberater für europäische und internationale Fragen ins Bundesinnenministerium wechseln solle. Bis zur Übergabe an einen Nachfolger blieb der 55-Jährige aber vorläufig als Chef des Verfassungsschutzes im Amt.
Meuthen: Maaßen passt gut zur AfD
Doch nun kommt es anders, Maaßen muss in den sofortigen Ruhestand. Der Bundesinnenminister betonte bei seinem aktuellen Auftritt, dass nun die Lage eine andere sei als im September, als er sich schützend vor Maaßen gestellt habe. An der Causa war die große Koalition damals fast zerbrochen. Seehofer sagte, er habe sich nichts vorzuwerfen, weil er sich generell zunächst vor Mitarbeiter stelle, die in Schwierigkeiten seien.
Seehofer sagte, seine Entscheidung sei als Signal zu verstehen, die "sachorientierte Arbeit in der Koalition zu unterstützen und voranzutreiben".
Hinsichtlich Maaßens politischer Motivationen hielt sich Seehofer bedeckt. Angesprochen auf ein mögliches Engagement des bisherigen Geheimdienstchefs in Seehofers CSU sagte der Minister: "Ich kommentiere die Motivationslage von Herrn Maaßen nicht."
Inzwischen erklärte die AfD-Spitze, dass sie Gefallen an Maaßen findet. "Er ist ein Spitzenbeamter, der hohem Arbeitsethos verpflichtet ist und der den Mut hat, auch unbequeme Wahrheiten auszusprechen", sagte AfD-Chef Jörg Meuthen dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Maaßen würde Meuthen zufolge gut zur AfD passen. "Wenn er ein Interesse daran haben sollte, uns beizutreten, wäre er uns natürlich herzlich willkommen."