Kämpfe in Libyen:Rebellen nehmen Flughafen von Misrata ein

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Schwerer Schlag gegen Gaddafis Truppen: Die libyschen Rebellen haben nach eigenen Angaben den Flughafen in Misrata erobert - einen wichtigen Stützpunkt für die Regierungssoldaten, die die Stadt seit Wochen belagern.

Die libyschen Rebellen haben nach eigenen Angaben den Flughafen der belagerten Stadt Misrata erobert und die Truppen von Machthaber Muammar al- Gaddafi weiter zurückgedrängt.

Eine Patrouille libyscher Rebellen nahe des Flughafens in Misrata: Den Aufständischen gelang es nach tagelangen Kämpfen, Gaddafis Truppen in die Flucht zu schlagen. (Foto: AFP)

Der Flughafen war für die Regierungstruppen, die die umkämpfte Stadt seit Wochen unter Beschuss nehmen, ein wichtiger Stützpunkt. Einer der Rebellen erklärte der Nachrichtenagentur dapd, dass Gaddafis Soldaten Waffen und Munition hätten zurücklassen müssen, als sie die Kontrolle über den Flughafen verloren.

Zwei Tage hätten die Kämpfe angedauert. Dabei seien fünf Rebellen getötet und 105 weitere verletzt worden. Libyens drittgrößte Stadt Misrata ist der einzige Ort, den die Rebellen im Westen des Landes kontrollieren. Er ist zudem wegen seines Hafens von strategischer Bedeutung, von wo aus Flüchtlinge die Stadt verlassen können. Inwiefern der Flughafen genutzt werden kann, um Hilfslieferungen in die Stadt zu bringen, ist noch unklar. Derzeit versuchen die Rebellen zudem, im Westen Misratas in Richtung der Stadt Slitan vorzustoßen.

Aufrufe zu Revolte in Tripolis

Nach Angaben der Opposition hat die Protestbewegung gegen Gaddafi inzwischen auch die Hauptstadt Tripolis erreicht: "Tripolis lehnt sich auf, jeden Tag gibt es gewaltsame Zusammenstöße", sagte der Sprecher des Nationalen Übergangsrates der Rebellen, Mahmud el Warfalli, in der katarischen Hauptstadt Doha, wo sich mehrere Vertreter von Städten und Stämmen aus ganz Libyen teil trafen, die dem Rat ihre Solidarität erklärt hatten.

Studenten der Universität in Tripolis hätten bereits Flugblätter mit Aufrufen zur Revolte verteilt und die Fahne der Aufständischen geschwenkt, sagte Warfalli. Ein Vertreter aus Tripolis, der anonym bleiben wollte, sagte bei dem Treffen, die Bewohner der libyschen Hauptstadt seien bereit, "den Preis zu bezahlen, um sich von der Regierung loszusagen". Ein weiterer Teilnehmer, Mohammad Sajed Kadhaf el Dam, gab an, zur Familie Gaddafis zu gehören und seinen Stamm aufgerufen zu haben, sich aufzulehnen.

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton verspricht unterdessen, die Kontakte der Union zu den libyschen Rebellen zu intensivieren. Das Bekenntnis zu den Aufständischen in Nordafrika fällt deutlich aus - im Gegensatz zu den Sanktionen gegen Syriens Diktator Baschar al-Assad, die viele EU-Abgeordnete für zu lasch halten. Deshalb erntete Ashton im Straßburger Parlament nicht nur Beifall, sondern auch scharfe Kritik.

EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton vor dem europäischen Parlament. (Foto: dpa)

Die EU will die libyschen Rebellen effektiver unterstützen und dazu ein Büro in der Aufständischenhochburg Bengasi eröffnen. Damit wolle die EU den nationalen Übergangsrat der Rebellen unterstützen, sagte Ashton vor dem Europaparlament.

Ziel sei es, den Menschen vor Ort besser zu helfen, sagte die Britin unter dem Applaus der Europaabgeordneten. Das Büro solle auch Hilfe für die Zivilgesellschaft und Gesundheitsdienste koordinieren. Die EU werde außerdem weiterhin humanitäre Aktionen in Libyen militärisch unterstützen.

Ashton betonte erneut, dass der libysche Machthaber Muammar al-Gaddafi abtreten müsse. "Gaddafi muss gehen und sein Regime muss beendet werden", sagte sie.

Während Ashton für ihre Statements zu Libyen gefeiert wurde, griffen Europaparlamentarier sie wegen der Syrien-Politik der EU massiv an. Abgeordnete mehrerer Fraktionen kritisierten die am Vortag in Kraft getretenen Sanktionen als zu schwach.

Dass die EU lediglich 13 Verwandte und Vertraute des Präsidenten Assad mit Einreiseverboten und Vermögenssperren bestrafe, sei "lächerlich und unausgewogen", sagte der Chef der liberalen Fraktion, der frühere belgische Regierungschef Guy Verhofstadt. "Hunderte von Menschen" müssten auf die Liste gesetzt werden, darunter Assad selbst und seine ganze Familie. Die EU müsse klar machen, dass sie diese Familie nicht als Repräsentant des syrischen Volkes anerkenne. Assad sei zur Zeit der "brutalste Diktator der Welt". In dem Land seien schon 800 Demonstranten von Scharfschützen und Panzern getötet worden, sagte Verhofstadt: "Das ist das arabische Tiananmen."

"Warum ist Assad nicht auf der Liste?", wollte auch der britische Konservative Charles Tannock wissen.Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton müsse klar sagen, wer sie daran hindere, Sanktionen gegen Assad persönlich zu verhängen, forderte der Ko-Vorsitzende der Grünen-Fraktion, Daniel Cohn-Bendit. "Welche Länder wollen das nicht?"

Der Druck aus dem Parlament zeigt bereits Wirkung: Nach der heftigen Kritik der Abgeordneten will auch Deutschland nun so schnell wie möglich Sanktionen gegen den syrischen Staatschef Assad verhängen. "Wenn in Damaskus nicht sofort umgesteuert wird, müssen die Strafmaßnahmen gegen die Staatsspitze ausgeweitet werden", sagte ein EU-Diplomat am Mittwoch der Nachrichtenagentur dapd. Dafür zeichne sich breite Zustimmung unter den Mitgliedsstaaten ab. Ende der Woche oder Anfang kommender Woche könne die Entscheidung fallen.

© dpa/AFP/jab - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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