Najla al-Mangoush, die Außenministerin von Libyen, soll sich mit ihrem israelischen Amtskollegen zu einem Gespräch getroffen haben. Was im Verhältnis zweier anderer Länder eine völlig unspektakuläre Nachricht wäre, ist im Falle von Libyen und Israel ein außergewöhnliches Ereignis. Die beiden Länder unterhalten eigentlich keine offiziellen diplomatischen Beziehungen, Libyen erkennt Israel nicht an. Ein Gesetz von 1957 verbietet libyschen Politikern sogar die offizielle Kontaktaufnahme mit Vertretern Israels.
Die Reaktion auf das mutmaßliche Treffen in der libyschen Öffentlichkeit fällt heftig aus. In der Nacht zu Montag ist es in der Hauptstadt Tripolis zu gewaltsamen Protesten gekommen. Augenzeugen zufolge zündeten Demonstranten Reifen an, blockierten Straßen und forderten den Rücktritt der Regierung von Ministerpräsident Abdul Hamid Dbaiba.
Ein im Internet verbreitetes Video soll sogar zeigen, wie Menschen die Residenz des Ministerpräsidenten in Brand setzen. Es war unklar, ob sich Dbaiba zu dem Zeitpunkt in dem Gebäude befand. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen. Dbaiba hatte seine Außenministerin Berichten zufolge am Sonntag von ihren Aufgaben freigestellt, um den Fall zu untersuchen.
Das Außenministerium dementierte unterdessen Gespräche mit Israels Außenminister Eli Cohen in Rom. Bei dem Treffen in der italienischen Hauptstadt habe es sich lediglich um eine "informelle und unvorbereitete" Zusammenkunft gehandelt. In einer Stellungnahme des Ministeriums hieß es, man lehne eine Normalisierung der Beziehungen mit Israel "kategorisch" ab.
Italiens Außenminister soll das Treffen arrangiert haben
Der israelische Außenminister Eli Cohen wiederum berichtet, er habe mit al-Mangoush über eine mögliche Zusammenarbeit der beiden Länder gesprochen. Das Treffen wurde nach Angaben seines Ministeriums vom italienischen Außenminister Antonio Tajani vermittelt. Themen seien neben einer möglichen Zusammenarbeit israelische Hilfe in humanitären Fragen, Landwirtschaft und Wasserwirtschaft gewesen. Seit 2020 hat Israel bereits seine Beziehungen zu den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), Bahrain, Marokko und dem Sudan durch die Abraham-Abkommen normalisiert.
Das Parlament im Osten Libyens will am Montag zu einer Dringlichkeitssitzung zusammenkommen. In Libyen war nach dem Sturz von Langzeitmachthaber Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 ein Bürgerkrieg ausgebrochen. In dem ölreichen Staat ringen bis heute unzählige Milizen um Macht und Einfluss. Der Konflikt wird durch ausländische Staaten zusätzlich befeuert.