Große Koalition:"Eine reine Personaldebatte greift zu kurz"

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Für Jens Spahn ist das Ergebnis der Hessenwahl "mehr als eine kleine Delle". (Foto: dpa)

Gesundheitsminister Jens Spahn hält die Unionsverluste in Hessen und Bayern für ein strukturelles Problem. SPD-Chefin Nahles sagt: "Der Zustand der Regierung ist nicht akzeptabel."

CDU und SPD haben bei der Landtagswahl in Hessen beide krachend verloren. Dies zeichnete sich schon vorher ab und liegt auch an den Streitereien innerhalb der Bundesregierung. Nun werden bei Spitzenpolitiker von Union und SPD Stimmen laut, die einen Wandel in der Bundesregierung fordern. Die Sozialdemokraten gehen dabei um einiges forscher vor als ihre CDU-Kollegen.

Die SPD müsse klarmachen, wofür sie stehe, fordert SPD-Chefin Andrea Nahles. Das gelte vor allem für den Bund. "Die Bundespolitik hat erheblich zu dem schlechten Ergebnis in Hessen beigetragen. Der Zustand der Regierung ist nicht akzeptabel", kritisiert Nahles."Wir erwarten von der Union, dass sie Konsequenzen zieht, und zwar so, dass Regierungsarbeit nicht belastet wird." Ob sie damit auch personelle Konsequenzen meint, ließ sie offen. Sie bestehe nun auf einem Koalitionsfahrplan - nach einer vereinbarten Halbzeitbilanz wolle man sehen, wie es weitergehe. Genaueres will Nahles am Montag mit Lars Klingbeil, Generalsekretär der SPD, bekanntgeben.

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Als Konsequenz aus der Landtagswahl hat CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer eine Konzentration der großen Koalition auf Sacharbeit gefordert. "Der größte Punkt der Unzufriedenheit ist in der Tat der Umgang der Regierungsparteien miteinander", sagte die CDU-Politikerin. Der Streit über die Asylpolitik im Sommer sei das "einschneidende Ereignis" gewesen, nach dem die Umfragen in Hessen für CDU und SPD nach unten gegangen seien, kritisierte Kramp-Karrenbauer, ohne die CSU namentlich zu nennen.

Die drei Koalitionsparteien auf Bundesebene sollten nun drei große Projekte definieren, mit denen sie in den kommenden Monaten das Vertrauen der Menschen zurückgewinnen wollten. Die Wahl mit den starken Verlusten für Union und SPD sei ein klares Signal an die Koalition, ihre Arbeitsweise zu ändern. Personelle Konsequenzen für Kanzlerin Angela Merkel auf Bundesebene schloss Kramp-Karrenbauer zunächst aus. "Die Bundesvorsitzende hat ganz klar erklärt, dass sie auf dem Parteitag noch einmal antreten wird.", sagte die frühere saarländische Ministerpräsidentin.

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil spricht von einem schlechten Ergebnis. Es sei ein Signal an die große Koalition in Berlin, dass die Dinge anders werden müssten. Es gebe einen dringenden Klärungsbedarf. Es werde über das Erscheinungsbild der Koalition zu reden sein und darüber, ob die Parteien die Kraft hätten, das Vertrauen der Menschen zurückzugewinnen.

Gesundheitsminister Jens Spahn sieht in den Verlusten für die Union in Hessen und Bayern "mehr als eine kleine Delle". Es handele sich um ein strukturelles Problem, sagt Spahn. Kernfrage beim Bundesparteitag im Dezember müsse daher sein, wie die CDU zu alter Stärke als Volkspartei mit 38 bis 40 Prozent zurückkomme. Zu möglichen Änderungen an der Parteispitze sagt Spahn: "Ich finde, eine reine Personaldebatte greift da zu kurz. Das reicht nicht. Es geht ja um mehr."

Juso-Chef Kevin Kühnert sieht die Gründe für das schlechte Abschneiden der SPD in der Bundespolitik. "Unter den Bedingungen, unter denen wir hier in Berlin arbeiten, wird die SPD in keinem Bundesland einen Fuß auf den Boden bekommen", sagte Kühnert. Im Wahlkampf habe er den Eindruck gehabt, die Leute wollten der großen Koalition eins auswischen. "Und das haben sie heute auch getan." Der Juso-Chef war von Anfang gegen ein Bündnis mit der Union. Kühnert lobte den Wahlkampf der SPD in Hessen. "Es tut mir wahnsinnig leid für die Hessen-SPD und auch für Thorsten Schäfer-Gümbel", sagte der Parteilinke.

Die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock sieht in dem Wahlergebnis ein starkes Zeichen für den Zusammenhalt in Deutschland. Mit Blick auf die große Koalition in Berlin sagt sie, die Menschen wollten keine Politik, die immer nur streite, sondern die Lösungen anbiete.

© SZ.de/dpa/AFP/rtr/bix - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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