Landtag - Wiesbaden:SPD: Mehr Legitimation für Corona-Regeln

Corona
Nancy Faeser (SPD), Fraktionsvorsitzende im hessischen Landtag. Foto: Arne Dedert/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Wiesbaden (dpa/lhe) - Eine stärkere Einbindung des Parlamentes könnte nach Ansicht der hessischen SPD-Chefin Nancy Faeser die Akzeptanz der Corona-Regeln in der Bevölkerung steigern. Sie stimme den meisten der getroffenen Regeln zu - "aber sie brauchen eine breitere Legitimation", sagte die Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion am Donnerstag in Wiesbaden. Die Sozialdemokraten überlegten derzeit, ob sie sich einem Gesetzentwurf der hessischen FDP-Landtagsfraktion zur Parlamentsbeteiligung zu Corona-Maßnahmen anschließen wollen.

Es gehe ihr derzeit nicht darum, jede Verordnung auch durchs Parlament zu bringen, sagte Faeser. "Aber die Corona-Verordnungen brauchen im Land eine gesetzliche Grundlage." Der Frankfurter Rechtswissenschaftlers Georg Hermes hält die aktuelle verfassungsrechtliche Kritik am Corona-Regelwerk für teilweise übertrieben. "Das scheint mir ein Sturm im Wasserglas zu sein", sagte der Professor der Goethe-Universität. Laut Artikel 80 des Grundgesetzes müssten wesentliche Fragen per Gesetz geregelt werden, die Details dürfen Regierungen jedoch per Verordnung vorgeben. Jeder Fraktion stehe es frei, das Thema Corona-Regeln auf die Tagesordnung zu setzen.

NEUE GEBIETE IN HÖCHSTER WARNSTUFE

In Hessen haben am Donnerstag weitere Regionen die höchste Corona-Warnstufe der Landesregierung erreicht. Die Marke von 75 Infektionen pro 100 000 Einwohner in binnen sieben Tagen überschritten der Main-Kinzig-Kreis (76), der Hochtaunuskreis (83,9), der Landkreis Offenbach (79,5) und die Stadt Darmstadt (88,8), wie aus Zahlen des hessischen Sozialministeriums (00.00 Uhr) hervorgeht. Ab einer Inzidenz von 75 übernimmt der Planungsstab des Sozialministeriums die Steuerung der medizinischen Lage. Ebenfalls über dieser Grenze liegen Frankfurt (143,7), die Stadt Offenbach (126,3) der Kreis Groß-Gerau (110,5), Wiesbaden (93) und der Main-Taunus-Kreis (84,6).

INFEKTIONSZAHLEN

Die Zahl der bestätigten Corona-Fälle im Land erhöhte sich am Donnerstag um 1133 gegenüber dem Vortag. Damit wurden seit Beginn der Pandemie insgesamt 28 440 Menschen positiv getestet. Die Zahl der Todesfälle, die mit Covid-19 in Verbindung gebracht werden, erhöhte sich um 3 auf 593. Nach dem Intensivregister der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin lagen in Hessen 90 Covid-19-Patienten auf Intensivstationen (Stand 12.15 Uhr). Das entspreche fünf Prozent der belegten Intensivbetten. 40 davon wurden beatmet.

NEUE BESCHRÄNKUNGEN

Angesichts der Infektionszahlen kündigen Kommunen neue Beschränkungen des öffentlichen Lebens an. Unter anderem soll in Darmstadt ab Samstag eine Maskenpflicht in der Fußgängerzone gelten. Der Lahn-Dill-Kreis will zum gleichen Zeitpunkt Sperrzeit für Gaststätten, Kneipen, Restaurants und Bars von 23 bis 6 Uhr einführen. Im Vogelsberg gilt ab Samstag für öffentliche Veranstaltungen eine maximale Teilnehmerzahl von 150. Ferner werde das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung außerhalb des eigenen Sitzplatzes bei öffentlichen Veranstaltungen angeordnet.

BESUCHSVERBOTE IN KLINIKEN

In einigen hessischen Kliniken gilt nun wieder ein Besuchsverbot. Dies sei "vor dem Hintergrund der steigenden Infektionszahlen und im Interesse der Sicherheit unserer Patientinnen und Patienten leider unvermeidlich", erklärte eine Sprecherin des Klinikums Fulda, in dem ab diesem Freitag ein komplettes Besuchsverbot gilt. Am Standort Marburg gilt bereits ein Besuchsverbot, im Klinikum Kassel ebenfalls.

WIRTSCHAFTLICHE AUSWIRKUNGEN

Die Gewerbesteuereinnahmen der hessischen Kommunen erholten sich im dritten Quartal 2020 zwar teils deutlich, sie liegen wegen der Corona-Pandemie aber nach wie vor weit unter dem Niveau des Vorjahres. Im Vergleich zum zweiten Quartal 2020 erzielten die Städte und Gemeinden ein Plus von mehr als 21 Prozent und nahmen zwischen Juli und September 1,07 Milliarden Euro ein, wie das Statistische Landesamt am Donnerstag in Wiesbaden mitteilte. Im Vergleich zum dritten Quartal 2019 bedeutet dies allerdings einen Rückgang von mehr als 18 Prozent.

Die Zahl der Erwerbstätigen im Land sank im zweiten Quartal dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 1,2 Prozent. Damit seien die Auswirkungen der Corona-Pandemie sichtbar, teilte das Statistische Landesamt in Wiesbaden mit. Die seit Mitte März erhöhte Kurzarbeit wirkt sich laut Landesamt auf diese Statistik nicht aus. In Hessen seien im zweiten Quartal 2020 rund 3,48 Millionen Menschen erwerbstätig gewesen - 41 070 Männer und Frauen weniger als im entsprechenden Vorjahresquartal. CORONA-HILFE FÜR JUGENDHERBERGEN

Mit Mitteln in Höhe von einer Million Euro unterstützte das Land Hessen im Mai den Landesverband des Deutschen Jugendherbergsverbands (DJH) im Rahmen der Corona-Soforthilfe. Das geht aus einer Antwort des Sozialministeriums auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion im Landtag hervor. Zudem nutze der Landesverband die Möglichkeiten des Kurzarbeitergelds, hieß es zur Situation der hessischen Jugendherbergen während der Pandemie. Die genaue Höhe sei der Landesregierung nicht bekannt.

STAATSTHEATER SCHLIESST GROSSES HAUS

Das Hessische Staatstheater in Wiesbaden stellt den Spielbetrieb für das Große Haus bis zum 1. November ein. Die Sondergenehmigung, für 298 Zuschauer im Großen Haus zu spielen, sei entzogen worden, hieß es in einer Mitteilung des Staatstheaters. Wegen der steigenden Zahl an Neuinfektionen mit dem Coronavirus sei eine Ausnahmegenehmigung nicht möglich, teilte die Leiterin des Gesundheitsamtes, Kaschlin Butt, mit.

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