Landtag - Düsseldorf:Grüne und AfD nehmen Laschet wegen Kohle-Pakt ins Visier

Deutschland
Armin Laschet (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, spricht im Landtag. Die Bund-Länder-Einigung zum Kohle-Ausstieg beschäftigt den Düsseldorfer Landtag. Foto: Federico Gambarini/dpa (Foto: dpa)

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Düsseldorf (dpa/lnw) - "Quantensprung für den Klimaschutz" oder "Paket der Unmenschlichkeit": die Einigung zum Kohle-Ausstieg ist in Nordrhein-Westfalen hoch umstritten. In einer hitzigen Landtagsdebatte warfen vor allem die kleinen Oppositionsparteien - Grüne und AfD - Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) schwere Versäumnisse vor.

Die Vereinbarung von Bund und Ländern habe "zwei Verlierer", sagte Grünen-Fraktionschefin Monika Düker: den Klimaschutz, weil "der Ausstiegspfad nach hinten verlagert" worden sei und die vom Tagebau unmittelbar betroffenen Menschen, deren Dörfer nicht gerettet würden. "Das ist kein Paket der Vernunft, sondern ein Paket der Unmenschlichkeit", bewertete Düker die Vereinbarung.

Energieminister Andreas Pinkwart (FDP) nannte diese Positionierung verantwortungslos. Schließlich seien es doch die Grünen gewesen, die mit der Leitentscheidung der rot-grünen Vorgängerregierung "diese Dörfer 2016 zum Abbruch freigegeben" hätten, stellte er fest.

CDU-Fraktionschef Bodo Löttgen bezeichnete die Grünen als "Scheinheilige der Energiewende", die einen breit getragenen gesellschaftlichen Kompromiss "zugunsten der organisierten Empörung und des Protests aufgegeben" hätten. "Nur von einer nicht gelingenden Energiewende können die Grünen profitieren", sagte er. "Nur so funktioniert das Geschäftsmodell der Grünen."

Laschet lobte die Einigung zum Kohle-Ausstieg als "Quantensprung für den Klimaschutz in Deutschland und in Nordrhein-Westfalen". Sowohl die Beschäftigten, die Kohleregionen sowie Umweltverbände als auch Energieversorger und Industrie könnten sich in dem Kompromiss wiederfinden.

Alle wesentlichen Empfehlungen der Kohlekommission würden umgesetzt und die CO2-Reduktionsziele erreicht, betonte der Regierungschef. Durch die vereinbarten Anpassungsgelder gelte auch für die Beschäftigten der Braunkohlereviere: "Niemand wird ins Bergfreie fallen." Zur Kritik an der Inbetriebnahme des modernen Steinkohlekraftwerks Datteln 4 versicherte Laschet, dafür würden ältere Kraftwerke vom Netz genommen und die verabredete CO2-Bilanz werde eingehalten.

Auch SPD-Fraktionsvize Marc Herter stimmte zu, dass unter diesen Bedingungen die Inbetriebnahme von Datteln 4 vertretbar sei. Allerdings fehle nach dem Ausstiegskonzept noch ein Einstiegskonzept für die Wende hin zu erneuerbaren Energien, kritisierte er. Dafür müsse die Landesregierung die Fesseln für die Windkraft lösen.

Beim Ausbau der Stromnetze und der erneuerbaren Energie müsse "Gas gegeben werden", pflichtete Pinkwart bei. Auf diesem langen Weg müsse die Bevölkerung mitgenommen werden, auch Umweltschützer und vor allem die Grünen dürften sich dann nicht wegducken, forderte der FDP-Politiker. "Es wird nicht überall nur Blumen geben, die uns zugeworfen werden - höchstens jene, an denen unten noch die Töpfe hängen", stellte er fest.

Der AfD-Abgeordnete Christian Loose warf Laschet vor, er habe mit der Rettung des Hambacher Forsts "Terroristen nachgegeben" und Baumbesetzern, die Kot auf Polizisten geworfen hätten, signalisiert: "Radikalität wirkt". Über den "Pakt der Unvernunft" könnten sich jetzt Anti-Kohle-Ideologen und - wegen milliardenschwerer Entschädigungen - RWE freuen. FDP-Fraktionschef Christof Rasche entgegnete, damit habe die AfD klar gezeigt, wo sie stehe: "ganz rechts außen".

Auch Düker hinterfragte allerdings, ob 2,6 Milliarden Euro Entschädigung "für alte, abgeschriebene, nicht mehr rentable Kraftwerke" von RWE angemessen seien. Laschet erklärte: "Wenn die Politik aus Klimaschutzgründen Unternehmensvermögen entwertet, muss auch entschädigt werden."

Die Rettung des Hambacher Forsts sei kein Beitrag zum Klimaschutz, räumte er ein. "Das ist in erster Linie ein Symbol. Es ist manchmal auch wichtig, wenn Politik zeigen will, dass sie verstanden hat und ein Thema ernst nimmt."

Das Protestbündnis "Alle Dörfer bleiben" der von Umsiedlung betroffenen Menschen kritisierte in einer Mitteilung: "Wir in den Dörfern sind entsetzt, wie Herr Laschet sich seiner Verantwortung für dem geplanten Abriss der Dörfer entzieht." Die Menschen litten "unter der Zerstörung ihrer Heimat".

Pinkwart sagte, 70 Prozent der betroffenen Eigentümer hätten ihre Immobilien am Tagebau bereits veräußert. Das Bündnis sprach hingegen von "überhöhten Zahlen zum Stand der Umsiedlung".

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