Kundus-Affäre:McChrystal als Zeuge

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Der Kommandeur der Internationalen Schutztruppe in Afghanistan soll nach dem Willen der Grünen im Kundus-Untersuchungsausschuss des Bundestags aussagen.

D. Brössler und N. Fried

Der Kommandeur der Internationalen Schutztruppe in Afghanistan, US-General Stanley McChrystal, soll nach dem Willen der Grünen im Kundus-Untersuchungsausschuss des Bundestags aussagen. "Niemand kann besser Auskunft geben über die Frühphase der Untersuchung des Luftangriffes bei Kundus", sagte der Obmann der Grünen im Untersuchungsausschuss, Omid Nouripour, am Dienstag der Süddeutschen Zeitung.

Isaf-Kommandeur Stanley McChrystal soll im Kundus-Ausschuss aussagen. (Foto: Foto: AFP)

Auch die Piloten der beiden F-15-Kampfjets, die die Bomben abgeworfen hatten, müssten vorgeladen werden. "Unmittelbarer kann man nicht beteiligt sein", erklärte Nouripour. Er hoffe, dass die Aussagen von McChrystal und der Piloten nicht von Nato und US-Verteidigungsministerium untersagt würden. "Die Nato hat selbst den Schutz von Zivilisten als höchste Priorität benannt. Wenn sie das glaubhaft vertreten will, muss sie zur Aufklärung beitragen", sagte Nouripour.

Auch der Nato-Oberkommandierende in Europa, James Stavridis, solle aussagen. Von ihm wolle man wissen, "ob die Bundesregierung politisch Einfluss genommen hat auf die Tonalität des Untersuchungsberichts". Die Grünen haben den Verdacht, dass Stavridis bei einem Besuch in Berlin am 15. Oktober in dieser Weise beeinflusst worden sein könnte.

Erweiterte Zeugenliste

Als Zeuge vorgeladen werden soll auch ein Reporter der Washington Post, dem McChrystal nach dem Luftschlag Zugang zu einer Untersuchungskommission gewährt hatte. Die Befragung von Ausländern durch den Kundus-Untersuchungsausschuss war bislang nicht vorgesehen gewesen. Man werde mit SPD und Linkspartei "das Gespräch suchen", um die Zeugenliste zu erweitern, kündigte Nouripour an.

Im Verteidigungsministerium wird derweil offenbar nach einer undichten Stelle gefahndet. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) lasse im Zusammenhang mit der Veröffentlichung des geheimen "Feldjäger-Berichts" zum Luftangriff von Kundus nach einem möglichen Leck suchen, berichtete Spiegel Online.

Verteidigungsstaatssekretär Rüdiger Wolf habe in Briefen von etwa zwei Dutzend Spitzenbeamten im Ministerium, in der Bundeswehr und im Einsatzführungskommando in Potsdam dienstliche Erklärungen verlangt, dass sie den geheimen Bericht nicht an die Bild-Zeitung weitergegeben haben. Der Bericht kursiert mittlerweile im Internet.

Bundesregierung dementiert Strategiewechsel

Die Bundesregierung trat unterdessen dem Eindruck entgegen, es habe in Afghanistan einen Strategiewechsel gegeben. Der Spiegel hatte berichtet, Deutschland habe im April 2009 im Nato-Operationsplan eine Einschränkung streichen lassen, die bis dahin für deutsche Soldaten gegolten habe. Der Vorbehalt hatte gelautet: "Die Anwendung tödlicher Gewalt ist verboten, solange nicht ein Angriff stattfindet oder unmittelbar bevorsteht."

Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte, dieser Satz sei vor dem Hintergrund der Einsatzregeln insgesamt nicht relevant gewesen. Der CDU-Außenpolitiker Andreas Schockenhoff warf der SPD derweil vor, nach Gründen zu suchen, um nach der Afghanistan-Konferenz Ende Januar ein neues Mandat für die Bundeswehr nicht mehr mittragen zu müssen. Die Versuchung, vor der Wahl in Nordrhein-Westfalen "aus dem Afghanistan-Einsatz auszusteigen, ist für die SPD sehr groß", sagte Schockenhoff dem Handelsblatt.

© SZ vom 23.12.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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