Krankenhausreform:Ringen um die Revolution

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Karl Lauterbach (SPD, rechts) versucht, Sorgen rundum die geplante Krankenhausreform zu zerstreuen. (Foto: Carsten Koall/dpa)

Gesundheitsminister Lauterbach muss die Länder von seinen Plänen überzeugen, die Kliniken völlig neu zu organisieren. Ein Treffen in Berlin zeigt: Das wird kompliziert.

Von Angelika Slavik, Berlin

Geld ist ja überall immer zu wenig, das ist im deutschen Gesundheitswesen nicht anders, bisher zumindest. Man befinde sich, sagt Karl Lauterbach (SPD) am Donnerstag in Berlin, "am Vorabend einer notwendigen Revolution". Der Bundesgesundheitsminister meint die Krankenhausreform, über die er gerade stundenlang mit den Ländern beraten hat - und an deren Ende ein Gesundheitssystem stehen soll, in dem "medizinische Aspekte wieder stärker im Vordergrund stehen", sagt Lauterbach. Derzeit habe man ein Gesundheitssystem, in dem "die ökonomischen Aspekte komplett dominieren".

Neben dem Bundesgesundheitsminister sind auch seine Amtskollegen Daniela Behrens (SPD) aus Niedersachsen und Karl-Josef Laumann (CDU) aus Nordrhein-Westfalen vor die Presse getreten. Alle sind sichtlich bemüht, gute Stimmung zu demonstrieren. Es sei "eine großartige Sitzung" gewesen, sagt Lauterbach. Man sehe, dass der Bund bei dieser Reform "sehr klug" vorgehe, sagt Behrens - schließlich würden die Länder bei der Gesetzesentwicklung von Anfang an eingebunden, das sei keineswegs üblich. Normalerweise kämen die Länder bei Gesetzesvorhaben des Bundes ja immer erst ganz zum Schluss ins Spiel.

Laumann lächelt auch, dann und wann nickt er zustimmend, aber als der CDU-Mann dann an der Reihe ist, sagt er fast beiläufig: Die Krankenhausplanung sei verfassungsrechtlich übrigens "ganz eindeutig" Ländersache. Das müsse auch so bleiben. Dass die Länder also so strenge Vorgaben vom Bund bekämen, dass sie gar nicht mehr auf die regionalen Unterschiede eingehen könnten, das käme also gar nicht in Frage.

Sorgen bei den Ländern

Wer will, kann da die Botschaft raushören: So einfach wird die ganze Sache nicht. Widerspruchslos werden die Länder die Pläne des Bundesgesundheitsministers nicht durchwinken.

Die Krankenhausreform ist eines der Prestigeprojekte von Karl Lauterbach. Wie sie aussehen soll, hat er - Einbindung der Länder hin oder her - schon vor Wochen Presse und Öffentlichkeit vorgestellt. Das bisherige System der Fallpauschalen soll weitgehend passé sein, stattdessen soll das Vorhalten von Leistungen besser vergütet werden. Das soll ökonomischen Druck von den Krankenhäusern nehmen und etwa die Zahl unnötiger Eingriffe, die vor allem aus wirtschaftlichen Überlegungen durchgeführt werden, massiv verringern. Zudem sollen die Krankenhäuser in verschiedene Leistungskategorien eingeteilt werden. Kleine Häuser sollen sich auf eine Grundversorgung konzentrieren, komplexere Eingriffe vor allem in großen Kliniken mit entsprechender Spezialisierung durchgeführt werden.

Die Pläne basieren auf den Vorschlägen einer Experten-Kommission, die seit dem vergangenen Mai an dem Konzept gearbeitet hat - und sie machten schon vor Beginn der Beratungen einige Ländervertreter nervös. Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) äußerte die Sorge, Kliniken könnten im großen Stil geschlossen werden. Sie befürchte, dass die Reform eigentlich "zur Zentralisierung und zum Abbau von Krankenhäusern in Deutschland führen soll", sagte Nonnemacher. Besonders kleine Häuser seien gefährdet - und damit auch "die Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung".

Einer der härtesten Kritiker fehlt

Karl Lauterbach sagt, solche Sorgen beruhten auf einem Missverständnis, vielmehr werde die Reform dafür sorgen, dass die Klinken aus ihren teils existenzbedrohenden wirtschaftlichen Engpässen errettet würden. Derzeit stünden 60 Prozent der 1900 Krankenhäuser in Deutschland vor massiven finanziellen Problemen. Auch gebe es große Probleme bei Personal und Behandlungsqualität. Das müsse sich ändern. Man habe in dieser ersten Sitzung nun einen genauen Arbeitsmodus vereinbart, bis zum Sommer solle dann der Gesetzesentwurf für die Reform fertig sein, der von Bund und Ländern zusammen getragen werde.

Eine "Mammutaufgabe" nennt Behrens dieses Projekt - und meint damit vielleicht nicht nur die Komplexität der Materie, sondern auch die unterschiedlichen Interessenslagen. "Es darf keine Bundesschablone über die Krankenhäuser gelegt werden", sagt NRW-Minister Laumann. Dazu sei die Krankenhauslandschaft in den unterschiedlichen Regionen Deutschlands viel zu vielfältig. Aber eine "Bundesschablone" ist genau das, was Lauterbach zum Kern seiner Reformpläne erklärt hat: Kategorien für die Krankenhäuser, die genau regeln, wer welche Leistungen in welcher Qualität anbietet - und welche nicht.

Dazu kommt: Einer von Lauterbachs härtesten Kritikern war in dieser ersten Sitzung nicht dabei - der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) war beim Begräbnis von Papst Benedikt XVI. in Rom und verpasste deshalb den Auftakt der Beratungen zur Krankenhausreform. Im Anschluss ließ er dennoch wissen, dass es vor allem eine Sache brauche: viel mehr Geld. "Ohne zusätzliche Mittel für die Kliniken ist Lauterbachs Krankenhausreform zum Scheitern verurteilt", ließ Holetschek ausrichten.

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