Konflikte:Gipfel in Hanoi: Trump stellt Kim Aufschwung in Aussicht

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Acht Monate nach dem Gipfel in Singapur nun der zweite Teil der Trump&Kim-Show. Der US-Präsident lobt sein Gegenüber für einen „sehr guten Dialog“. (Foto: Evan Vucci)

Hanoi (dpa) - Bei seinem zweiten Gipfel mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un hat US-Präsident Donald Trump dem völlig verarmten Land einen wirtschaftlichen Aufschwung in Aussicht gestellt. Bedingung bleibt jedoch, dass Pjöngjang atomar abrüstet.

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Hanoi (dpa) - Bei seinem zweiten Gipfel mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un hat US-Präsident Donald Trump dem völlig verarmten Land einen wirtschaftlichen Aufschwung in Aussicht gestellt. Bedingung bleibt jedoch, dass Pjöngjang atomar abrüstet.

Zum Auftakt des Treffens in Vietnams Hauptstadt Hanoi sagte Trump: „Ich denke, dass Ihr Land gewaltiges wirtschaftliches Potenzial hat.“ Kim entgegnete: „Ich hoffe, dass wir alles erreichen, was die Leute erwarten.“ Belastet wird Trumps Auftritt durch Vorwürfe seines Ex-Anwalts Michael Cohen.

Acht Monate nach dem ersten Gipfel in Singapur sahen sich Kim und Trump am Mittwoch wieder. Zur Begrüßung schüttelten sie sich zehn Sekunden lang die Hand. Erst langsam lockerte sich die Atmosphäre. Die Erwartungen an das zweitägige Treffen sind groß. Es geht um den Abbau von Nordkoreas Atomwaffen und Raketen, eine neue Sicherheitsarchitektur in Ostasien und eine Lockerung der strengen Sanktionen gegen den isolierten stalinistischen Staat.

Trump lobte den ersten Gipfel nochmals als „großen Erfolg“. Er hoffe nun auf nochmaligen Erfolg, „gleich oder größer“. Nach einem kurzen Zweier-Gespräch kamen beide zu einem Abendessen zusammen, nur mit den Außenministern und jeweils einem weiteren Berater. Kim sagte dabei über die ersten Minuten des Wiedersehens: „Wir haben sehr interessante Gespräche geführt.“

Trump, der den Diktator zuvor auf Twitter als „Freund“ beschrieben hatte, lobte ihre persönlichen Beziehungen: „Unser Verhältnis ist sehr besonders.“ Schon vor der Begegnung hatte er geschrieben: „Kim Jong Un und ich werden sehr hart daran arbeiten, etwas bei der Denuklearisierung zustandezubringen und dann Nordkorea zu einem wirtschaftlichen Powerhaus zu machen.“ China, Russland, Japan und Südkorea könnten dabei „sehr hilfreich“ sein.

Trump hatte zuvor schon die Hoffnung geäußert, dass „großartige Dinge“ bei dem „sehr wichtigen Gipfel“ geschehen werden. Er stellte dem unter Hunger leidenden Land wirtschaftliche Entwicklung und Wohlstand in Aussicht, sollte es abrüsten. „Das Potenzial ist FANTASTISCH, eine großartige Gelegenheit für meinen Freund Kim Jong Un, wie kaum eine andere in der Geschichte.“

Während des Gipfels geriet Trump in der Heimat in Washington in die Defensive, da sein früherer Anwalt schwere Vorwürfe erhob. In einer vorab bekannt gewordenen Aussage vor dem US-Kongress bezeichnete Cohen den Präsidenten als Betrüger, Hochstapler und Rassisten. Er wollte Beweise für seine Beschuldigungen liefern. Cohen nennt es „ironisch“, dass Trump während seiner Aussage ausgerechnet in Vietnam sei, und vermittelt den Eindruck, dass Trump sich während des Vietnam-Krieges vor dem Militärdienst gedrückt haben könnte.

Im Mittelpunkt der Gespräche in dem von massiven Sicherheitskräften abgeriegelten Hotel in Hanoi steht die Forderung der USA nach einer vollständigen und überprüfbaren „Denuklearisierung“ Nordkoreas - also einer atomaren Abrüstung des Landes. Kim verlangt Zugeständnisse der USA, wie etwa die Lockerung der strengen Sanktionen.

Über mögliche Ergebnisse der Gespräche zwischen Trump und Kim wird kräftig spekuliert. Viele erwarten eine Erklärung zum formellen Ende des Korea-Kriegs (1950-53). Auch über eine Schließung des wichtigen nordkoreanischen Atomkomplexes Yongbyon sowie die Zulassung von Atom-Inspekteuren, die Einrichtung von Verbindungsbüros und die Wiederaufnahme innerkoreanischer Wirtschaftsprojekte wird gemutmaßt.

Trotz der bereits in Singapur bekräftigten grundsätzlichen Bereitschaft zur „Denuklearisierung“ wird kein Durchbruch zur Beseitigung der Atomwaffen und Raketen erwartet. Nordkorea-Experten verweisen immer wieder darauf, dass die Führung in Pjöngjang ihr Atomarsenal als eine Art Lebensversicherung gegen mögliche Angriffe oder Umsturzversuche sieht. Beide Seiten haben nicht einmal ein gemeinsames Verständnis, was mit „Denuklearisierung“ gemeint ist.

Eine Friedenserklärung mehr als sechs Jahrzehnte nach dem Korea-Krieg wäre ein erster, symbolischer Schritt auf dem Weg zu einem Friedensvertrag und einer neuen Sicherheitsarchitektur in Ostasien. Daran müssten aber auch Länder wie Südkorea und China beteiligt werden. Die USA und Nordkorea befinden sich völkerrechtlich noch im Kriegszustand, weil es bis heute nur einen Waffenstillstand gibt.

Im Korea-Krieg wurden schätzungsweise mehr als 3,2 Millionen Menschen getötet. Mit dem Waffenstillstandsabkommen, das den 38. Breitengrad als Grenze zwischen dem kommunistischen Norden und dem westlich orientierten Süden bestätigte, endete der Konflikt nach 37 Monaten.

Die Vorgeschichte geht auf die Kapitulation der Japaner am Ende des Zweiten Weltkriegs zurück, die Korea erobert hatten. Der Süden des Landes wurde von US-Truppen, der Norden von sowjetischen Truppen besetzt. Die Nordkoreaner marschierten am 25. Juni 1950 in den Süden ein. UNO-Truppen unter US-Kommando trieben sie zurück. 1953 wurde der Waffenstillstand von Nordkorea, den USA und China unterzeichnet, das mit „Freiwilligen“ an Nordkoreas Seite gekämpft hatte.

Ob sich Nordkorea tatsächlich zur bereits angebotenen Schließung seines wichtigen Atomkomplexes Yongbyon verpflichtet und ausländische Inspekteure zulässt, wird sich zeigen. Dafür verlangt Kim „korrespondierende“ Gegenleistungen der USA.

Spekuliert wurde darüber, dass die USA im Gegenzug zumindest innerkoreanische Wirtschaftsprojekte zulassen würden. Konkret geht es um die Wiedereröffnung des Industrieparks in Kaesong sowie die Wiederaufnahme des Reiseprogramms für südkoreanische Touristen im Kumgang-Gebirge in Nordkorea. Die Eröffnung von Verbindungsbüros der USA und Nordkoreas wäre ein erster Schritt für eine Normalisierung der Beziehungen. Beide unterhalten keine diplomatische Beziehungen.

Nordkorea kann aus Sicht von Trump von dem ebenfalls kommunistischen Vietnam lernen, das heute zu den am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften in Asien gehört. Bei einem Treffen mit Vietnams Präsidenten Nguyen Phu Trong verwies der US-Präsident darauf, dass Vietnam mit seiner Öffnung und rasanten wirtschaftlichen Entwicklung ein gutes Vorbild sei. Nach dem Gipfel bleibt Kim noch zwei Tage zu einem bilateralen Besuch in Vietnam. Als letzter nordkoreanischer Führer hatte sein Großvater Kim Il Sung 1964 das Land besucht.

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