Kompromiss in Erfurt:CDU-Zentrale warnt Thüringer Parteifreunde vor Wahl Ramelows

Lesezeit: 2 Min.

CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak. (Foto: Monika Skolimowska/dpa)
  • CDU-Generalsekretär Ziemiak warnt seine Thüringer Parteifreunde, den Linken Ramelow zum Ministerpräsidenten zu wählen.
  • In Erfurt wollen die Christdemokraten an der informellen Vereinbarung mit Linken, SPD und Grünen über eine Art geduldete Minderheitsregierung bislang aber festhalten.
  • Ramelow erinnert die Bundes-CDU: "Die Fakten zur Stabilisierung von Thüringen sind gestern vereinbart worden."

Von Oliver Das Gupta

Am Freitagabend haben sich in Erfurt Linke, SPD und Grüne mit der Thüringer CDU geeinigt, wie der Weg aus der Krise gemeinsam gehen kann, der das Bundesland seit Wochen politisch lähmt: Neuwahlen im April 2021, bis dahin ein informelles Miteinander von rot-rot-grüner Minderheitsregierung und oppositioneller Union. Und vorneweg die Wiederwahl von Bodo Ramelow zum Ministerpräsidenten des Freistaats Thüringen am 4. März. Soweit die Verlautbarung am Freitagabend.

Am Tag danach ist nicht mehr so klar, was geht und was nicht. Am Samstagnachmittag sprach sich CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak entschieden gegen eine Wahl des Linken Ramelow zum Regierungschef mit Hilfe von Parteifreunden aus. "Wer Herrn Ramelow als Kandidaten der Linken zum Ministerpräsidenten wählt, verstößt gegen die Beschlüsse der CDU", sagte Ziemiak in Iserlohn.

Es gehe um die Glaubwürdigkeit der CDU Deutschlands, ihre Grundüberzeugung sowie Grundwerte und nicht um politische Spielchen. Am Montag werde die CDU-Spitze über die Situation in Thüringen beraten, so Ziemiak. CDU-Gesundheitsminister und Präsidiumsmitglied Jens Spahn hatte sich zuvor ähnlich geäußert und bei Twitter von einem weiteren Vertrauensverlust der CDU gesprochen. Ähnliches war bei seinem möglichen Rivalen um den Parteivorsitz zu lesen: Friedrich Merz prognostizierte, die Entscheidung, Ramelow auf Zeit mitzuwählen, werde die Glaubwürdigkeit der CDU in ganz Deutschland weiter beschädigen.

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Doch die Christdemokraten in Erfurt scheinen den Einspruch der Parteizentrale bislang zu ignorieren. Die CDU-Fraktion im Thüringer Landtag stimmte dem erzielten Kompromiss zur Lösung der Regierungskrise in dem Freitaat mehrheitlich zu. Bodo Ramelow von der Linkspartei will die CDU-Fraktion aber nicht aktiv als Ministerpräsidenten mitwählen.

Mit Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer sei besprochen, dass sich die Fraktion stabilen Verhältnissen nicht verweigere und Angebote von anderen für eine stabile Situation annehmen werde. "Daran fühlen wir uns gebunden", schreibt Noch-Fraktionschef und Landesvorsitzender Mike Mohring bei Twitter.

Zwar dominierten bundesweit bislang eher die negativen Reaktionen von Konservativen auf die Thüringer Entwicklungen, allerdings gab es auch Stimmen aus der CDU, die positiv klangen. Darunter auch Thüringens frühere Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht.

Die Christdemokratin hält die in der deutschen Landespolitik bisher einmalige Vereinbarung zwischen Linke, SPD, Grünen und CDU in Thüringen für tragfähig. "Sie sichert eine verlässliche Wahl von Bodo Ramelow zum Ministerpräsidenten durch eine hinreichende Zahl an Stimmen", sagte Lieberknecht. Zudem gebe es Stabilität im Regierungshandeln "für eine überschaubare Zeit bis zur Neuwahl".

Ramelow: "Ich habe beschlossen, nicht einmal ignorieren zu wollen"

Auch Bodo Ramelow meldete sich am Samstagnachmittag zu Wort. "Ich habe beschlossen, nicht einmal ignorieren zu wollen", sagte er zur Süddeutschen Zeitung mit Blick auf die Warnungen Ziemiaks an seinen Parteifreunden in Erfurt. "Die Fakten zur Stabilisierung von Thüringen sind gestern vereinbart worden", sagte Ramelow, "dabei sind die Beschlüsse der Union beachtet worden". Der Linke erinnerte an das Leitmotiv von Bernhard Vogel, des Ehrenvorsitzenden der Thüringer CDU. Es lautet: "Zuerst das Land, dann die Partei, dann die Person!"

Möglicherweise könnte Ramelow die fehlenden vier Stimmen auch aus der kleinen FDP-Landtagsfraktion erhalten. Die Liberalen, deren Chef Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten mit AfD-Stimmen gewählt wurde, haben zwar ein gehöriges Maß Anteil an der Misere im Freistaat. Doch nun klang der FDP-Chef Christian Lindner nicht kategorisch ablehnend, was das Team Ramelow betrifft, sondern eher differenzierend: Lindner hält eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei im Einzelfall in Sachfragen für möglich, lehnt dies aber mit der rechten AfD strikt ab.

Der Parteichef sagte ntv.de, der ehemalige Ministerpräsident Ramelow halte die DDR zwar weiterhin nicht für einen Unrechtsstaat, doch anders als der Thüringer AfD-Politiker Björn Höcke sei Ramelow kein Extremist. "Deshalb kann man mit der Linken im Einzelfall in Sachfragen zusammenarbeiten."

Auf die Frage, ob die FDP jetzt die Scherben in Thüringen aufkehren und Ramelow unterstützen sollte, sagte Lindner: "In solchen Fragen entscheiden Fraktionen autonom."

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