Kommunalpolitik:"Wir können doch nicht sagen: Wir sind dagegen, weil die AfD dafür ist."

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Thüringens CDU-Partei- und Fraktionsvorsitzender Mario Voigt fordert Gelassenheit, "wenn jetzt mal die AfD einem CDU-Antrag zustimmt". (Foto: Martin Schutt/DPA)

Führende ostdeutsche CDU-Politiker plädieren für einen pragmatisch-konstruktiven Umgang mit der AfD.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer hat erneut für einen konstruktiven Umgang mit AfD-Mandatsträgern auf Kommunalebene geworben. Im Podcast des Nachrichtenportals The Pioneer plädierte der CDU-Politiker für eine Zusammenarbeit mit dem Ende Juni gewählten Thüringer AfD-Landrat Robert Sesselmann: "Der Mann ist gewählt worden, und der größte Fehler, den man machen kann, der übrigens auch passiert, ist, überall rumzuerzählen, dass man mit ihm nicht zusammenarbeiten kann."

Thüringens CDU-Partei- und Fraktionschef Mario Voigt plädierte - wie zuvor bereits einige Thüringer CDU-Kommunalpolitiker - für einen pragmatischen Umgang mit der AfD auf kommunaler Ebene. Es gehe um eine "gewisse Form von Pragmatismus und Anerkennung der Lebenswirklichkeiten", sagte Voigt dem Nachrichtenradio MDR Aktuell am Freitag. "Wir können doch nicht sagen: Wir sind dagegen, weil die AfD dafür ist. Das versteht keiner. Oder soll jetzt ein CDU-Bürgermeister nicht mehr ans Telefon gehen, weil der AfD-Landrat anruft? Das wäre doch lebensfern."

"Nicht nervös machen lassen."

Es gebe einen einstimmigen Beschluss im Thüringer CDU-Landesverband, "dass wir unseren eigenständigen Kurs fahren, eigene Anträge einbringen, uns aber auch nicht nervös machen lassen, wenn jetzt mal die AfD einem CDU-Antrag zustimmt", so Parteichef Voigt. Das habe nichts mit einer Kooperation oder Koalition zu tun.

Kretschmer zufolge werde der Thüringer AfD-Landrat Sesselmann sonst künftig jeden Fehler damit rechtfertigen, dass er von vornherein keine Chance gehabt habe. Die Mitwirkung im Kreistag oder in der Personalvertretung ermögliche es anderen Parteien und Akteuren, dafür zu sorgen, "dass die Dinge vernünftig laufen", so Kretschmer. "Da, wo rechtliche Fehler passieren, muss man darauf hinweisen und muss man die Leute zur Verantwortung ziehen."

Die Bundesregierung mache eine Politik, "die immer mehr bevormundet und die nicht in der Lage ist zu sagen: Wir haben verstanden". Kretschmer forderte die Ampel-Regierung auf, insbesondere beim Thema Asyl enger mit der Union zusammenzuarbeiten. Auch die Ministerpräsidenten hätten parteiübergreifend mehrere Vorschläge gemacht, um einen Konsens zu finden. Allerdings werde laut Kretschmer jeder dieser Vorschläge ausgeblendet.

"Wir müssen Sachfragen lösen."

Vor kurzem hatten Äußerungen des CDU-Bundesvorsitzenden Friedrich Merz zu einer möglichen Zusammenarbeit mit der AfD auf kommunaler Ebene viel Aufsehen erregt. Etwas später bekräftigte Merz im ZDF-Sommerinterview, dass die Union nicht mit der AfD kooperieren werde. Er beschränkte dies aber auf "gesetzgebende Körperschaften", etwa auf europäischer, Bundes- oder Landesebene. Wenn in Thüringen ein Landrat und in Sachsen-Anhalt ein Bürgermeister von der AfD gewählt worden seien, dann seien das demokratische Wahlen, meinte Merz. Dafür erntete er viel Kritik, auch in der eigenen Partei. Er selbst sagte später: "Daraus abzuleiten, ich hätte den Weg geöffnet für die Zusammenarbeit mit der AfD auf kommunaler Ebene, ist wirklich völlig abwegig."

Thüringens FDP-Chef Thomas Kemmerich sagte der Zeitung Freies Wort, es dürfe keine Zusammenarbeit mit AfD-Funktionären geben. "Damit meine ich das bewusste Austauschen, das Finden von politischen Kompromissen. Aber wir müssen Sachfragen lösen. Und wenn dann ein Vertreter der AfD Zustimmung zu einer von uns vorgeschlagenen, für die Bürger im Land guten Sache signalisiert, können wir doch nicht alle in Deckung gehen."

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