Karlsruhe:Klimaschutzgesetz kann verabschiedet werden

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"Ein Verfahren, das bei keinem Kleingartenverein zulässig wäre": Der CDU-Abgeordnete Thomas Heilmann über den Gesetzgebungsprozess beim Klimaschutzgesetz. (Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Nach langem Streit wollte die Ampel das Gesetz schnell durch den Bundestag bringen. Zu schnell, fand die Union. Das Bundesverfassungsgericht weist jetzt den Eilantrag zurück.

Von Wolfgang Janisch

Das Klimaschutzgesetz kann an diesem Freitag wie geplant im Bundestag verabschiedet werden. Das Bundesverfassungsgericht lehnte am Donnerstagabend einen Eilantrag des CDU-Politikers Thomas Heilmann und vier weiterer Abgeordneter ab, die Abstimmung per einstweiliger Anordnung aus Karlsruhe zu verschieben. Der Antrag sei "in der Hauptsache derzeit von vornherein unzulässig", befand das Gericht ohne nähere Begründung.

Wie schon im vergangenen Jahr beim sogenannten Heizungsgesetz rügte Heilmann das angeblich überhastete Tempo, mit dem die Ampelkoalition das Gesetz durch den Bundestag bringen wolle. Die Novellierung des Klimaschutzgesetzes wird zwar seit dem vergangenen Jahr diskutiert. Am vorigen Freitag hat die Ampel aber einen Änderungsantrag eingebracht, "mit bisher unbehandelten neuen Aspekten", wie Heilmann kritisierte. Die Union beantragte daher eine neue Anhörung, was aber abgelehnt wurde. Heilmann sieht insbesondere Grundrechtsfragen berührt.

Vergangenen Juli hatte er bereits einen Eilbeschluss erwirkt

Heilmanns neuerlicher Vorstoß dürfte durch seinen Überraschungserfolg im vergangenen Jahr motiviert gewesen sein. Im Juli hatte er einen Eilbeschluss erwirkt - die geplante Abstimmung über das Heizungsgesetz musste verschoben werden. Zwar waren im Gesetzgebungsverfahren - wie auch dieses Mal - alle Fristen gewahrt worden, allerdings hatte der Entwurf weitreichende Änderungen erfahren. Die endgültige Version stand erst eine Woche vor der geplante Abstimmung fest. "Den Abgeordneten steht nicht nur das Recht zu, im Deutschen Bundestag abzustimmen, sondern auch das Recht zu beraten", schrieb das Gericht damals. "Die Abgeordneten müssen dabei Informationen nicht nur erlangen, sondern diese auch verarbeiten können."

Allerdings war dies damals nur eine Eilentscheidung - und damit keineswegs eine endgültige Festlegung auf einen Karlsruher Kurs, der dem Gesetzgeber künftig in die Parade fährt, wenn er Gesetze zu hastig verabschiedet. Dies wäre auch ein markanter Richtungswechsel: Zuvor hatte das Gericht stets betont, dass es Sache der Parlamentsmehrheit sei, seine Prioritäten und Abläufe selbst zu bestimmen. Kaum verwunderlich, dass auch der Eilbeschluss zum Heizungsgesetz gerichtsintern umstritten war. Zwei der damals sieben Richter des Zweiten Senats stimmten dagegen.

Offenbar hat das Gericht nun kein Problem mit der Eile

Wie es der Zufall will, hatte der Zweite Senat diese Woche Gelegenheit, sich wieder zum Thema Eile zu äußern. In neuer Formation übrigens, zwei der damaligen Senatsmitglieder sind nicht mehr dabei. In der mündlichen Verhandlung zum neuen Wahlrecht hatte die Union beanstandet, dass die Ampelkoalition die umstrittene Streichung der Grundmandatsklausel erst zwei Tage vor der Abstimmung im Bundestag vorgenommen habe. Wie das Gericht in diesem Punkt entscheidet, wird man erst in einigen Monaten wissen. Aber die Fragen von der Richterbank klangen - zwar nicht einhellig, aber überwiegend - so, als hätten sie mit dieser Form der Eile kein Problem. Nur zwei Tage Zeit? Die Klausel sei doch schon vorher umstritten gewesen und diskutiert worden, sagten Vizepräsidentin Doris König und ihre Kollegin Rhona Fetzer. Unter Fachleuten sei doch rasch klar gewesen, was die Streichung bedeute - brauche man da wirklich 14 Tage, sekundierte Ulrich Maidowski. Und Richter Thomas Offenloch wies auf die Autonomie des Bundestags hin, seine eigenen Abläufe zu bestimmen.

Gewiss, was zu schnell ist und was nicht, lässt sich nur für den Einzelfall bestimmen- das mag von Komplexität und Reichweite eines Gesetzes abhängen. Aber insgesamt ließen sich die Äußerungen zum Wahlgesetz auch so verstehen, dass das Gericht sich nicht zum Oberaufseher über die Stundenpläne eines anderen Verfassungsorgans machen möchte. Eine abschließende Entscheidung zum Heizungsgesetz steht übrigens noch aus.

"Die Ampel weicht Klimaschutzziele nicht nur unzulässig auf, sondern führt ein Verfahren, das bei keinem Kleingartenverein zulässig wäre", sagte Heilmann der Deutschen Presse-Agentur vor dem Urteil. "Die Fehler sind massiver als beim sogenannten Heizungsgesetz. Das Klimaschutzgesetz ist das Herzstück der deutschen Klimagesetzgebung. Umso mehr müssen wir uns darum kümmern, dass es auch verfassungskonform ist."

Inhaltlich sieht die Reform des Klimaschutzgesetzes grundlegende Änderungen vor. Bisher gilt: Wenn einzelne Sektoren wie der Verkehrs- oder Gebäudebereich gesetzliche Vorgaben zum CO₂-Ausstoß verfehlen, müssen die zuständigen Ministerien im nachfolgenden Jahr Sofortprogramme vorlegen. Mit der Reform soll die Einhaltung der Klimaziele nun nicht mehr rückwirkend nach Sektoren kontrolliert werden, sondern in die Zukunft gerichtet, mehrjährig und sektorübergreifend. Wenn sich in zwei aufeinanderfolgenden Jahren abzeichnet, dass die Bundesregierung bei ihrem Klimaziel für das Jahr 2030 nicht auf Kurs ist, muss sie nachsteuern. Umweltverbände kritisieren die Reform als Verwässerung der geltenden Regeln.

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