Kieler Landtag:Stegner attackiert, Carstensen schweigt

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Mit einem scharfen Schlagabtausch im Landtag hat sich die gescheiterte Koalition von CDU und SPD in Schleswig-Holstein auf Neuwahlen eingestimmt.

Scharfe Töne prägten an diesem Freitag die Debatte über eine Auflösung des Parlaments, das darüber am Montag entscheiden wird. Auf einen vorgezogenen Urnengang stellt sich nun auch die SPD ein.

Würdigten sich keines Blickes: Carstensen und Stegner im Kieler Landtag. (Foto: Foto: dpa)

"Es wird Neuwahlen geben müssen", sagte SPD-Landes- und Fraktionschef Ralf Stegner. Dies erreiche die CDU aber nicht mit dem Antrag zur Landtagsauflösung. Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU), der nicht in die Debatte eingriff, lehnte erneut die SPD-Forderung nach seinem Rücktritt ab.

Der von CDU und Opposition hart attackierte Stegner bekräftigte, die SPD werde geschlossen gegen die Landtagsauflösung stimmen. Die notwendige Zweidrittel-Mehrheit würde damit verfehlt. Für diesen Fall wird erwartet, dass Carstensen die Vertrauensfrage stellt. Darüber könnte am Donnerstag entschieden werden.

Sollte Carstensen dann keine Mehrheit bekommen, kann er die Wahlperiode binnen zehn Tagen vorzeitig beenden - der Weg zur Neuwahl am 27. September, dem Tag der Bundestagswahl, wäre frei. "Ein solcher Ministerpräsident wird sicherlich nicht das Vertrauen der Sozialdemokratie erhalten", sagte Stegner. Schließlich habe Carstensen mit der CDU die Koalition gebrochen.

Auch FDP, Grüne und Südschleswigscher Wählerverband (SSW) kündigten für den entsprechenden Fall an, Carstensen nicht das Vertrauen auszusprechen. Die CDU hat 30 Abgeordnete, die SPD 29, FDP und Grüne je vier, der SSW zwei.

CDU-Fraktionschef Johann Wadephul rief die SPD-Abgeordneten auf, der Parlamentsauflösung zuzustimmen. "Lassen Sie sich hier nicht in Geiselhaft nehmen!". Stegner konterte: "Versuchen Sie es gar nicht, unsere Reihen zu spalten!" Wadephul betonte, die Koalition könne nicht fortgesetzt werden. "Die Würfel sind gefallen." Mit dem Abrücken von gemeinsamen Beschlüssen habe Stegner das Vertrauen erschüttert. Wadephul rückte ihn in die Nähe eines "Brandstifters".

Stegner bekennt, Fehler gemacht zu haben

Mit dem Satz "Der amtierende Ministerpräsident und die CDU-Landtagsfraktion haben mutwillig den Koalitionsvertrag gebrochen" begann Stegner seine Rede. Die SPD werde sich Neuwahlen nicht verweigern, um keine Lähmung in der Politik zuzulassen. Sie stimme aber keinem Antrag (auf Landtagsauflösung) zu, der mit angeblicher Unzuverlässigkeit der SPD begründet sei. Stegner bekannte, Fehler gemacht und "sprachlich nicht immer den richtigen Ton gefunden" zu haben.

An die CDU-Adresse sagte er: "Sie wollen schon seit Monaten gemeinsam mit der Bundestagswahl wählen, weil Sie - gestützt auf die Umfragewerte - auf schwarz-gelbe Mehrheiten hoffen, sich aber offenkundig den Sieg in einer Schleswig-Holstein-Wahl aus eigener Kraft nicht zutrauen".

Regulärer Termin für die Landtagswahl wäre der 9. Mai 2010. Die CDU-Fraktion hatte am Mittwoch beschlossen, die seit langem in der Krise steckende Koalition zu beenden.

Die SPD will am 31. Juli/1. August auf einem vorgezogenen Parteitag endgültig den Spitzenkandidaten wählen, die Landesliste aufstellen und das Wahlprogramm beschließen. Stegner ist als Spitzenkandidat bereits nominiert. Die CDU hat ihren entsprechenden Parteitag schon absolviert und Carstensen erneut zum Spitzenkandidaten gewählt.

FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki warf Stegner vor, dieser betreibe aus persönlicher Eitelkeit eine "Schmierenkömodie" im Parlament. "Wenn die Sozialdemokraten noch einen Restfunken an Selbstachtung haben, stimmen sie der Auflösung zu."

Kubicki machte auch deutlich, dass der Untersuchungsausschuss zur HSH Nordbank mit dem vorzeitigen Ende der Wahlperiode nicht erledigt sei. Es werde auch in der neuen Legislatur einen solchen Ausschuss geben, weil die Menschen das Recht auf Aufklärung hätten.

Unter Hinweis auf die Wirtschafts- und Finanzkrise attackierte Grünen-Fraktionschef Karl-Martin Hentschel CDU und SPD: "Angesichts dieser Lage ist der Rosenkrieg, den die regierende Koalition in den vergangenen Monaten aufgeführt hat, unverständlich, unwürdig und unverzeihlich".

Anstelle einer Auseinandersetzung um Inhalte habe es nur ständige Versuche gegeben, den Partner zu diskreditieren. "Es war weiß Gott eine verkorkste 16. Wahlperiode, deren Ende wir in der kommenden Woche besiegeln wollen", befand die SSW-Abgeordnete Anke Spoorendonk.

"Sowohl Peter Harry Carstensen als auch Ralf Stegner haben in den vergangenen Jahren ihre Schattenseiten offenbart und nach Kräften zum Scheitern (der Koalition) beigetragen."

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