In den Medien aufgetauchte Handy-Textnachrichten des katalanischen Unabhängigkeitsanführers Carles Puigdemont legen nahe, dass er seine Chancen auf die Regionalpräsidentschaft schwinden sieht. Der spanische Fernsehsender "Telecinco" zeigte an diesem Mittwoch in einem Bericht eine Reihe von WhatsApp-Nachrichten, die der im Brüsseler Exil lebende Puigdemont an Toni Comín, einen früheren katalanischen Minister, geschickt hatte.
Die Zentralregierung in Madrid habe gewonnen, schrieb Puigdemont seinem politischen Mitstreiter Comín über den Kurzmitteilungsdienst. Ein Journalist von "Telecinco" habe unbemerkt das Display des Handys von Comín fotografiert, als dieser seine Mitteilungen gelesen habe, berichtete der Sender. Puigdemont blieb nichts anderes übrig, als die Echtheit der Nachrichten zu bestätigen.
Das Handydisplay von Comín wurde "Telecinco" zufolge am Rande einer Veranstaltung im belgischen Löwen fotografiert. Anwälte des Politikers kündigten eine Anzeige wegen Verletzung von Artikel 197 des spanischen Strafgesetzes an, der bei Aneignung und Veröffentlichung von fremden Privat-Dokumenten eine Haftstrafe von bis zu vier Jahren vorsieht.
Puigdemont will weitermachen
Der 55-jährige Puigdemont bestreitet allerdings, dass er aufgibt. "Wir machen weiter!", beteuert er auf Twitter und rechtfertigt sich für seine Worte der Hoffnungslosigkeit. Er sei auch nur ein Mensch und gerate schonmal ins Zweifeln. "Aber ich bin auch der Präsident und werde nicht den Mut verlieren und keinen Rückzieher machen, schon allein aus Respekt, Dank und Verpflichtung gegenüber den Bürgern und dem Land", betont der Ex-Journalist. Er kritisiert außerdem die Verletzung der Privatsphäre durch "Telecinco".
Nach dem Erfolg der Separatisten bei der Neuwahl im Dezember war Puigdemont vom katalanischen Parlamentspräsidenten Roger Torrent zum Kandidaten ernannt worden. Am Dienstag erlitt er aber einen schweren Rückschlag: Die Debatte im Regionalparlament in Barcelona über seine Wiederwahl wurde von Torrent auf Anordnung des Verfassungsgerichts in Madrid bis auf Weiteres vertagt. Die Richter hatten eine Wahl in Abwesenheit verboten.
Das Problem für Puigdemont: Bei Rückkehr nach Spanien droht ihm unter anderem wegen Rebellion Untersuchungshaft, eine Verurteilung und eine lange Haftstrafe. Sein Regierungsprogramm wollte er daher per Skype von Brüssel aus präsentieren. Der Flucht nach Belgien waren im Oktober ein illegales Referendum über die Unabhängigkeit sowie ein Beschluss zur Abspaltung von Spanien vorausgegangen.
Nach der Vertagung der Parlamentssitzung schrieb Puigdemont die nun publik gewordenen Nachrichten an Comín: "Ich nehme an, du bist dir darüber im Klaren, dass das das Ende bedeutet." Man erlebe zur Zeit "die letzten Tage der katalanischen Republik". Wohl in Anspielung darauf, dass Torrent dem Gerichtsbeschluss Folge leistete, klagte Puigdemont auch: "Die Unsrigen haben uns geopfert." Es wird nun erwartet, dass die Separatisten trotz der anderslautenden Beteuerungen bald einen neuen Kandidaten für die Regionalpräsidentschaft ernennen.