Krise in Zentralasien:Kasachstans Präsident Tokajew dankt Putin für militärisches Eingreifen

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Das russische Präsidialamt teilt zudem mit, die beiden Staatschefs hätten beraten, wie man die Lage im Land beruhigen könne. Deutschland stoppt Rüstungsexporte nach Kasachstan.

Kasachstans Präsident Kassym-Schomart Tokajew hat in einem Telefonat mit Russlands Präsident beraten, wie man die Lage in dem zentralasiatischen Land beruhigen kann. Das teilte das Präsidialamt in Moskau am Samstag mit. Dabei habe Tokajew auch davon gesprochen, dass sich die Lage bereits stabilisiere. Allerdings gab es in der Nacht zum Samstag auch Berichte über neue Schießereien in der Millionenstadt Almaty. Tokajew habe zudem Putin für das Eingreifen der von Russland geführten Militärallianz OVKS gedankt, erklärte das russische Präsidialamt weiter.

Putin unterstütze Tokajews Idee, in den kommenden Tagen in einer Videokonferenz der Verbündeten die weiteren Maßnahmen zu beraten, durch die die Ordnung in Kasachstan wiederhergestellt werden solle. Der Organisation des Vertrages für kollektive Sicherheit (OVKS) gehören neben Russland und Kasachstan auch Belarus, Armenien, Kirgisistan und Tadschikistan an.

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Der Präsident von Kasachstan weist die Armee an, "ohne Vorwarnung" auf Menschen zu schießen, die für Unruhe sorgen. Er nennt die Protestierenden "Terroristen".

Von Silke Bigalke

Nach Angaben der Organisation dieser sechs früheren Sowjetrepubliken waren auf Wunsch Tokajews am Donnerstag Soldaten nach Kasachstan gebracht worden. Sie sollten die kasachischen Sicherheitskräfte unterstützen.

4400 Menschen festgenommen

Bei den seit Tagen andauernden beispiellosen Unruhen sind nach staatlichen Angaben bislang insgesamt mehr als 4400 Menschen festgenommen worden. Das berichtete das Staatsfernsehen am Samstag unter Berufung auf das Innenministerium des zentralasiatischen Landes.

Präsident Kassym-Schomart Tokajew ordnete einen Tag Staatstrauer an. Am Montag solle "der vielen Opfer der tragischen Ereignisse in einigen Landesteilen" gedacht werden, berichteten mehrere kasachische Staatsmedien am Samstag. Die Behörden zählten bislang insgesamt mehr als 40 Tote, darunter auch Sicherheitskräfte. Befürchtet wird jedoch, dass die Zahl - vor allem der zivilen Todesopfer - viel höher sein könnte: Bereits seit Tagen wird Militär gegen Demonstranten eingesetzt, und Präsident Tokajew hat den Schießbefehl erteilt. In der Millionenstadt Almaty, die von den Unruhen besonders erschüttert wurde, sollen die so genannten Anti-Terror-Einsätze weiterhin laufen, hieß es in unabhängigen kasachischen Nachrichtenkanälen.

Deutsche Rüstungsexporte gestoppt

Wegen des Konflikts in Kasachstan stoppt die Bundesregierung die Exporte von Rüstungsgütern in die frühere Sowjetrepublik. Man werde Schritte ergreifen, damit Ausfuhren solcher Waren nach Kasachstan nicht mehr erfolgen, teilte Sven Giegold, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, auf Twitter mit. Im vergangenen Jahr wurden noch 25 Genehmigungen für Exporte von Rüstungsgütern nach Kasachstan mit einem Gesamtwert von rund 2,2 Millionen Euro erteilt. Das ist ein vergleichsweise geringer Wert.

Bundeskanzler Olaf Scholz rief am Freitag zu einem Ende der Gewalt in Kasachstan auf. Er appellierte an die autoritäre Führung in Nur-Sultan: "Bitte kommt zurück zu einer friedlichen Weiterentwicklung im Land." Für die Bundesregierung gelte es, Rechtsstaatlichkeit überall zu schützen.

Unmut über gestiegene Gaspreise

Das an Öl- und Gasvorkommen reiche Land an der Grenze zu China erlebt die schwersten Ausschreitungen seit Jahren. Auslöser der Unruhen in der autoritär regierten Republik war vor gut einer Woche Unmut über gestiegene Gaspreise. Die Demonstrationen schlugen in - auch gewaltsame - Proteste gegen die Staatsführung um. Viele Menschen sind frustriert über Korruption und Machtmissbrauch im Land.

Der Unmut der Demonstranten richtete sich auch gegen den autoritären Ex-Langzeit-Machthaber Nursultan Nasarbajew. Der heute 81-Jährige trat zwar 2019 zurück. Er galt aber weiterhin als mächtigster Mann im Staat. Tokajew setzte ihn am Mittwoch als Chef des Sicherheitsrats ab. Seither gab es Gerüchte, der 81-Jährige habe das Land verlassen. Sein Sprecher aber erklärte am Samstag, Nasarbajew halte sich weiter in Kasachstan auf.

© SZ/dpa/reuters/hij/sekr/mri - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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