Italien:Draghi kündigt Rücktritt an

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Draghi: "Ich möchte Ihnen mitteilen, dass ich heute Abend meinen Rücktritt beim Präsidenten der Republik einreichen werde." (Foto: imago images / Hannelore Förster)

Italiens Ministerpräsident zieht die Konsequenz aus der Regierungskrise. Die Koalition der "Nationalen Einheit" existiere nicht mehr, sagt er.

Von Leopold Zaak

Italiens Ministerpräsident Mario Draghi will zurücktreten, doch Staatspräsident Sergio Mattarella lehnt das ab. Stattdessen fordert er den parteilosen Ökonomen auf, dem Parlament Bericht zu erstatten und die aktuelle Lage zu bewerten, wie sein Amtssitz am Donnerstagabend in Rom mitteilte.

Die Koalition der "Nationalen Einheit" existiere nicht mehr, hatte Draghi zuvor mitgeteilt. Und weiter: "Ich möchte Ihnen mitteilen, dass ich heute Abend meinen Rücktritt beim Präsidenten der Republik einreichen werde." Die heutige Abstimmung im Parlament sei aus politischer Sicht sehr deutlich gewesen. "Die Mehrheit der nationalen Einheit, die diese Regierung bei ihrer Entstehung unterstützt hat, ist nicht mehr vorhanden", so Draghi. Zuvor war sein Koalitionspartner, die Fünf-Sterne-Bewegung, einer Vertrauensabstimmung ferngeblieben, weil es inhaltliche Streitpunkte über ein Konjunkturpaket gab. Das hatte der Chef der Partei, Guiseppe Conte, bereits im Vorfeld angekündigt.

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Im Senat standen Milliardenhilfen für italienische Haushalte und Unternehmen zur Abstimmung, die von den hohen Energiepreisen in Folge des Kriegs in der Ukraine betroffen sind. Die Cinque Stelle hatten mehr Hilfsgelder etwa für Familien gefordert und das zur Bedingung für den Verbleib in der Koalition erklärt. "Wir sind absolut zum Dialog bereit, um unseren konstruktiven Beitrag für die Regierung und für Draghi zu leisten. Aber wir sind nicht bereit, einen Blankoscheck auszustellen", sagte Conte am Mittwoch.

Regierungschef Draghi hatte für den Fall, dass die Fünf Sterne die Koalition verlassen, seinen Rücktritt angekündigt

Unklar ist, wie es nun weitergeht. Der ehemalige italienische Innenminister Matteo Salvini, der mit seiner rechten Partie Lega auch Mitglied der Regierung ist, hatte vor der Senatsabstimmung schon Neuwahlen gefordert für den Fall, dass die Vertrauensabstimmung scheitern sollte. Auch die Demokratische Partei sei nicht bereit, ohne die Fünf-Sterne-Bewegung eine neue Regierung zu bilden. Regulär wird im Mai 2023 das nächste Mal gewählt.

Staatschef Sergio Mattarella kommt eine wichtige Rolle zu. Er fordert Draghi auf, dem Parlament Bericht zu erstatten und die Lage zu bewerten. Weiter könnte er Draghi beauftragen, eine neue Regierungsmehrheit zu finden. Eine andere Möglichkeit wären die Auflösung des Parlaments und damit vorgezogene Wahlen.

Beobachter halten aber vorgezogene Wahlen für unwahrscheinlich, weil einerseits im Herbst der italienische Haushalt für das nächste Jahr vorbereitet werden soll und andererseits die meisten Regierungsparteien mit Blick auf die Umfragen daran kein Interesse haben dürften. In jüngsten Umfragen liegt die faschistische und rechtsextreme Partei Fratelli d'Italia vorne.

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