Deutsch-israelische Beziehungen:Deutschland und Israel halten Verbindung aufrecht

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Benjamin Netanjahu, Ministerpräsident Israels, und Bundeskanzler Olaf Scholz planen ein Treffen im September in New York. (Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Beim ersten Sicherheitsdialog seit Antritt der rechtsgerichteten Regierung Netanjahu kritisiert Berlin die Siedlungspolitik.

Von Daniel Brössler und Peter Münch, Berlin/Tel Aviv

Die Bundesregierung hält ungeachtet der von Massenprotesten begleiteten Justizreform in Israel an einer engen Sicherheitszusammenarbeit mit dem Land fest. Erstmals seit Antritt der rechtsgerichteten Regierung unter Ministerpräsident Benjamin Netanjahu trafen sich in dieser Woche hochrangige Beamte beider Regierungen zum "deutsch-israelischen strategischen Dialog". Dieser war noch mit der früheren israelischen Regierung unter Naftali Bennett vereinbart worden und hatte vergangenes Jahr in Israel stattgefunden. Die Fortführung gilt als Signal, dass Deutschland ungeachtet der Kritik am befürchteten Abbau der Rechtsstaatlichkeit die Kooperation mit Israel nicht beeinträchtigen will. Am Rande der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York im September ist nach Informationen der Süddeutschen Zeitung ein Treffen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit Netanjahu geplant.

Die Zusammenarbeit im Sicherheits- und Verteidigungsbereich gewinnt für beide Seiten zunehmend an Bedeutung. Traditionell spielen deutsche Waffenlieferungen an Israel eine wichtige Rolle. Mittlerweile ist Deutschland aber auch ein wichtiger Abnehmer israelischer Militärgüter. Mitte August hatte die US-Regierung grünes Licht für den Export des gemeinsam mit Israel entwickelten Flugabwehrsystems Arrow nach Deutschland gegeben. Der Arrow-Verkauf nach Deutschland hat in Israel weit über die wirtschaftliche Bedeutung dieses Milliarden-Geschäfts hinaus Wellen geschlagen. Netanjahu hat es als "historische Wende" gepriesen, dass ausgerechnet der Staat der Holocaust-Überlebenden nun einen zentralen Beitrag zur militärischen Sicherheit Deutschlands leistet. Die Genugtuung über die veränderten Gewichte ist so groß, dass der Premierminister scherzhaft sogar den Transfer des israelischen Fußball-Torwarts Daniel Peretz zu Bayern München als Beitrag zur "deutschen Verteidigung" ankündigte.

Der Ukraine verweigert Israel die Lieferung tödlicher Waffen

Unverändert intensiv ist auch der Informationsaustausch zwischen beiden Ländern. An dem am Mittwoch abgehaltenen Treffen unter Leitung des außenpolitischen Beraters von Kanzler Scholz, Jens Plötner, und Netanjahus Sicherheitsberater Tzachi Hanegbi nahmen nach SZ-Informationen auch BND-Chef Bruno Kahl sowie die Chefs des Mossad und des Inlandsgeheimdienstes Schin Bet teil. Im Zentrum der Gespräche standen nach Angaben der Bundesregierung sowohl der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine als auch die Lage im Nahen Osten. Israel unterstützt die Ukraine zwar, will aber auch einen Konflikt mit Russland vermeiden, das mit den Regimen in Syrien und Iran verbündet ist. Der Ukraine verweigert Israel daher die Lieferung tödlicher Waffen.

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Von deutscher Seite soll während des Treffens Kritik an der Lage in den besetzten palästinensischen Gebieten und der Gewalt von Siedlern geäußert worden sein. Zur Justizreform hatte sich die Bundesregierung schon mehrfach kritisch geäußert. In einer Gratwanderung versucht sie, die Beziehungen zur Regierung in Jerusalem nicht zu gefährden, zugleich aber Sympathie für die Protestbewegung zu signalisieren. So hatte Kanzler Scholz bei einem Besuch Netanjahus in Berlin im März vor einem Abbau von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gewarnt, zugleich aber die besondere Verantwortung Deutschlands für den jüdischen Staat betont. "Unser Wunsch ist es, dass unser Wertepartner Israel eine liberale Demokratie bleibt", sagte er.

Hoffnungen setzt die Bundesregierung in Präsident Isaac Herzog. Ende November plant Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eine Reise nach Israel. International droht der äußerst rechten israelischen Regierung seit ihrem Antritt im Dezember eine zunehmende Isolierung. Hochkarätige Staatsgäste sind rar geworden, und auch das Verhältnis zum engsten Verbündeten USA ist gestört. Deutlichstes Zeichen dafür ist, dass Netanjahu bis heute auf eine Einladung ins Weiße Haus wartet - und US-Präsident Joe Biden ihn bislang demonstrativ hängen lässt.

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