Nach der Wahl in Iran:Raisi will verhandeln, lässt aber wenig Spielraum

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Irans designierter Präsident Ebrahim Raisi auf einer Pressekonferenz in Teheran. (Foto: Morteza Nikoubazl/Imago)

Irans designierter Präsident Ebrahim Raisi hat die Möglichkeit eines Treffens mit US-Präsident Joe Biden ausgeschlossen, zugleich aber angekündigt, die Atomverhandlungen fortsetzen zu wollen.

Von Paul-Anton Krüger, Teheran

Gefragt, ob er nach einer Aufhebung der US-Sanktionen bereit sei, Biden zu treffen, hat Irans designierter Präsident Ebrahim Raisi am Montag bei seiner mit Spannung erwarteten ersten Pressekonferenz in Teheran geantwortet: "Nein." Er machte jedoch klar, dass auch unter der neuen Regierung die Verhandlungen über die Rückkehr zum Atomabkommen von 2015 fortgeführt werden sollen. Das Abkommen sei aber "weder Ausgangspunkt unserer Außenpolitik, noch wird sie sich darauf beschränken".

Verhandlungen über Irans Regionalpolitik oder das Raketenprogramm der Revolutionsgarden, für die sowohl die USA als auch die Europäer eine Zusage erreichen wollen, schloss Raisi kategorisch aus. Diese Themen seien "nicht verhandelbar", sagte er in Einklang mit der Position des Obersten Führers Ayatollah Ali Chamenei, der sich in der Vergangenheit ähnlich geäußert hatte.

Raisi ließ offen, ob die derzeitigen Verhandler ihre Arbeit unter seiner Regierung fortsetzen würden. Sein außenpolitisches Team prüfe derzeit die Berichte, die das Team der amtierenden Regierung von Präsident Hassan Rohani vorgelegt habe. Am Morgen hatte er Außenminister Mohammed Dschawad Sarif getroffen.

Es bleibe die Politik auch der neuen Regierung, eine Aufhebung der Sanktionen gegen Iran zu erreichen, sagte Raisi, aber die Regierung dürfe davon nicht das Wohlergehen des Volkes abhängig machen. Er verlangte von Biden, alle "unmenschlichen Sanktionen gegen das iranische Volk" aufzuheben. Das Wahlergebnis habe gezeigt, dass die Politik des maximalen Drucks gegenüber Iran gescheitert sei und das Volk ihr widerstanden habe. Den europäischen Ländern warf er vor, dem Druck der USA nachzugeben und ebenfalls ihren Verpflichtungen nicht nachzukommen.

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Die Verhandlungen in Wien waren am Sonntag unterbrochen worden, um den Delegationen Zeit für Konsultationen in ihren Hauptstädten zu geben. Zu den Details der Gespräche äußerte sich Raisi auch auf Nachfrage nur allgemein. So sagte er, dass die Verhandlungen Früchte und Ergebnisse zeitigen müssten, die für Iran überprüfbar seien. Ob damit eine Veränderung der iranischen Position einhergeht, blieb offen.

Irans Verhandlungsführer, Vizeaußenminister Abbas Araghchi, hatte am Sonntag Garantien gefordert, dass die USA nicht noch einmal wie unter Präsident Donald Trump das Abkommen verlassen. Irans Präsident Rohani hatte sich am Morgen optimistisch gezeigt, dass es bei der nächsten Verhandlungsrunde, die laut Diplomaten Anfang Juli stattfinden könnte, zu einer Einigung kommen werde.

Raisi bezeichnet sich als Verfechter der Menschenrechte

Einer Frage nach seiner Beteiligung an Menschenrechtsverletzungen und außergesetzlichen Hinrichtungen Tausender Regimegegner 1988 wich Raisi aus. Er entgegnete, er sei als Staatsanwalt und Richter immer ein entschiedener Verfechter der Menschenrechte gewesen. Sie zu schützen sei die Achse all seiner Arbeit gewesen.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International fordert, Raisi wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit den Prozess zu machen. Die USA haben ihn 2019 wegen Menschenrechtsverletzungen mit Sanktionen belegt. Ihm wird vorgeworfen, auch an der gewaltsamen Niederschlagung der Grünen Revolution im Jahr 2009 und von landesweiten Protesten Ende 2019 beteiligt gewesen zu sein.

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Raisi hatte bei der Präsidentenwahl am Freitag knapp 62 Prozent der Stimmen erzielt und tritt sein Amt am 3. August an. Die Wahlbeteiligung war mit 48,4 Prozent drastisch auf den niedrigsten Stand seit Bestehen der Islamischen Republik gefallen. Der von Chamenei dominierte Wächterrat hatte alle Bewerber der moderat Konservativen und der Reformer mit politischem Gewicht von der Wahl ausgeschlossen.

Bis zu Raisis Vereidigung bleibt die scheidende Regierung im Amt. Danach könnten Ministerien zeitweise interimistisch geführt werden, sofern Mitglieder des neuen Kabinetts noch nicht vom Parlament bestätigt sind. Sie müssen sich einzeln jeweils einer Vertrauensabstimmung stellen. Wer zentrale Ämter in seiner Regierung bekleiden werde, sagte Raisi auch auf Nachfrage nicht.

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