Impfzertifikate:Gibt der Bund schon wieder zu viel Geld aus?

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Seit dieser Woche können sich Geimpfte in zahlreichen Apotheken einen digitalen Impfnachweis besorgen. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Wenn Apotheken ein Corona-Impfzertifikat für den neuen digitalen Nachweis ausstellen, bekommen sie vom Staat bis zu 24 Euro. Warum Kritiker das für unangemessen halten.

Von Christoph Koopmann, Berlin

Mehr als jeder vierte Mensch in Deutschland ist bereits vollständig gegen das Coronavirus geimpft. Doch erst seit wenigen Tagen ist es möglich, den Schutz auch auf seinem Smartphone nachzuweisen - über die neue Covpass-App des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) sowie über die Corona-Warn-App. Dafür braucht man nun nachträglich ein Zertifikat, das sich mit dem Handy einscannen lässt. So werden jetzt wohl viele Menschen auch Wochen und Monate nach ihrer Impfung noch einmal auf Impfzentren, Ärzte sowie Apothekerinnen und Apotheker zukommen. Die nämlich sollen die Impfzertifikate ausstellen.

Dafür hat Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ihnen eine Aufwandsentschädigung zugesichert. Doch über die Höhe gibt es Irritationen: Kritiker fürchten, dass zu viel Geld ausgegeben wird - schon wieder. Die Apotheken waren schließlich schon dafür zuständig, Masken gegen Gutscheine auszuteilen, und hatten auch dafür Geld bekommen. Dabei hat der Bundesrechnungshof eine "deutliche Überkompensation" aus Steuermitteln bemängelt.

In der neuen Corona-Impfverordnung steht, dass den Apotheken 18 Euro zustehen, wenn sie ein Zertifikat über eine Impfung für den digitalen Nachweis ausstellen. Weitere sechs Euro bekommen sie, wenn nicht nur die Erstimpfung, sondern gleich auch noch die Zweitimpfung zertifiziert wird, die für einen besseren Schutz sowieso notwendig ist. Weshalb die Zertifizierung der Zweitimpfung gesondert vergütet wird, ließ das BMG auf SZ-Anfrage offen.

Bis Montag dieser Woche sind nach Angaben des Robert-Koch-Instituts 22,3 Millionen Menschen in Deutschland vollständig geimpft gewesen. Würde sich nur jeder Vierte davon in der Apotheke nachträglich ein Zertifikat holen, müssten mehr als 100 Millionen Euro an die Apotheken ausgezahlt werden.

Grüne halten 18 Euro für "unverhältnismäßig"

Der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen, selbst Arzt, sagte der SZ: "Da Hausärzte für eine etwa halbstündige Impfung 20 Euro bekommen, wirken 18 Euro für die Ausstellung eines Impfzertifikats unverhältnismäßig."

Ein Sprecher der Bundesvereinigung der Apothekerverbände dagegen verweist auf den enormen Aufwand für die Apotheken: Sie müssten sich an das RKI-System anschließen, zusätzliches Personal, PCs und Drucker zur Verfügung stellen sowie vor Ort Ausweise und Impfpässe kontrollieren. Die Vergütung sei deswegen angemessen und werde die Kosten meist decken.

Das BMG schreibt auf Nachfrage, es gehe darum, möglichst schnell möglichst vielen Menschen zu ermöglichen, den digitalen Impfnachweis zu nutzen. Das sei schon mit Aufwand verbunden. Man habe das im Ministerium durchgerechnet, 18 Euro finde man "durchaus angemessen". Apotheken erhielten ja auch sonst einen Zuschlag, wenn sie Arzneimittel ausgeben.

Arztpraxen bekommen für die Zertifizierung von Impfungen, die in derselben Praxis erfolgt sind, nur sechs Euro. Wenn sie dafür ohnehin vorhandene Technik wie Drucker, PCs und Software nutzen, sind es bloß zwei Euro. Bei Zertifikaten für Impfungen aus anderen Praxen bekommen sie die gleichen Summen wie die Apotheken.

Christine Aschenberg-Dugnus, gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, findet die Beträge für die Zertifikatsausstellung schon in Ordnung. "Allerdings hätten wir eine Menge Geld sparen können, wenn die Bundesregierung nicht geschlafen hätte." Ihre Fraktion habe schon 2019, also lange vor Corona, einen digitalen Impfnachweis gefordert, sagte Aschenberg-Dugnus der SZ. Spahn zögerte. "Es ist wie bei der Impfstoffbeschaffung: zu spät und sich dann keiner Schuld bewusst sein."

Der Grünen-Politiker Janosch Dahmen findet, es wiederhole sich ein Muster: dass die Steuerzahler ausbaden müssten, was die Bundesregierung versäumt habe.

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