Zahlen und Fakten:Wer in Hessen wen gewählt hat

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(Foto: SZ/imago)

Boris Rhein verdankt seinen Erfolg in Hessen nicht zuletzt älteren Wählern. Die Grünen sind vor allem bei gut gebildeten Menschen stark. Und die AfD punktet in einer Gruppe, die man vorher vielleicht nicht auf dem Zettel hatte.

Von Tim Frehler, München

Dass Boris Rhein und seine CDU bei der hessischen Landtagswahl vorne liegen werden, war zu erwarten. Umfragen vor der Wahl sahen die Union mit deutlichem Vorsprung auf Grüne und SPD. Den Abstand konnte Rhein ersten Hochrechnungen zufolge sogar ausbauen, Grüne und SPD büßen im Vergleich zur Wahl 2018 weiter Stimmen ein. Und außer der CDU kann sich auch die AfD zu den Wahlsiegern zählen. Während die FDP noch um den Einzug in den Landtag zittert, hat die Linke ihn verpasst, ebenso wie die Freien Wähler. Daten der Forschungsgruppe Wahlen geben erste Hinweise darauf, wo die Ursachen für Erfolg und Misserfolg der einzelnen Parteien liegen könnten.

Die AfD schneidet vor allem bei Männern gut ab

Was das Wahlverhalten nach Geschlechtern angeht, sind die Unterschiede bei sechs der sieben analysierten Parteien gering. CDU, Grüne, SPD und Linke schneiden bei Frauen etwas besser ab als bei Männern, bei der FDP ist es umgekehrt. Die Freien Wähler sind bei Frauen und Männern gleich beliebt. Doch eine Partei fällt auf: die AfD. Hätten bei der Landtagswahl in Hessen nur Männer ihre Stimme abgegeben, käme die AfD sogar auf 21 Prozent, bei Frauen liegt ihr Wert hingegen bei 13 Prozent.

Je älter, desto eher Stimmen die Menschen für die CDU

Überraschend fällt das Ergebnis der extrem rechten Partei auch mit Blick auf die Altersverteilung aus. Mit 17 Prozent holt sie bei den Unter-30-Jährigen fünf Prozentpunkte mehr Stimmen als bei Senioren. Am stärksten punktet die AfD aber bei Menschen mittleren Alters: jeweils 20 Prozent holt sie bei den 30 bis 44-Jährigen sowie den 45 bis 59-Jährigen. Für die CDU gilt: je älter die Wählerinnen und Wähler, desto eher stimmen sie für die Union. Hätten in Hessen nur Menschen wählen dürfen, die 60 Jahre und älter sind, die Union wäre an der absoluten Mehrheit nur knapp vorbeigeschrammt. Den zweiten Platz im Wettbewerb um die älteren Wähler fährt die SPD ein, bekommt mit zwanzig Prozent in dieser Altersgruppe aber nicht einmal halb so viel Zuspruch wie die CDU. Unter den Stimmen für die Genossen fällt der Anteil derjenigen zwischen 45 und 59 Jahren am geringsten aus, hier schneiden die Grünen wiederum besser ab: 18 Prozent dieser Altersgruppe haben laut Hochrechnung für die Partei von Tarek Al-Wazir gestimmt. Darüber hinaus fällt auf, dass seine Partei hinsichtlich des Alters weniger anfällig für Schwankungen ist - die Grünen scheinen in allen Altersgruppen ähnlich stark verwurzelt zu sein. FDP und Linke hingegen kommen bei Jüngeren besser an als bei Älteren. Das gilt auch für die Freien Wähler: Hätten nur Menschen unter 30 Jahren wählen dürfen, hätten die Partei den Einzug in den Landtag geschafft, fünf Prozent holt sie laut Hochrechnung bei den jungen Leuten.

Grüne und AfD: beim Bildungsgrad der Wähler grundverschieden

Die Grünen sind eine Partei der Bessergebildeten, jedenfalls legen das die Zahlen der Forschungsgruppe Wahlen für die hessische Landtagswahl nahe. Mit dem Bildungsabschluss steigt der Anteil der Grünenwählerinnen- und wählern. Mehr als ein Viertel der Stimmen holt sie bei Menschen mit Hochschulabschluss. Unter den Wählern mit Hauptschulabschluss sind es hingegen nur fünf Prozent. Genau umgekehrt verhält es sich bei der AfD: Sie holt 26 Prozent der Stimmen unter Menschen mit Hauptschulabschluss, ein Viertel bei Wählern mit Mittlerer Reife - und nur neun Prozent bei denjenigen mit Hochschulabschluss. Neun Prozent sind es dort. Auch die FDP punktet stärker, je höher der Bildungsgrad der Wähler ist. Schaut man sich die Verteilung der SPD-Wähler nach Bildungsabschluss an, fällt auf: Auch die Sozialdemokraten kommen am besten bei Menschen mit Hauptschulabschluss an - dort erhält die SPD 19 Prozent der Stimmen. Stark ausgeprägte Muster wie bei Grünen und AfD lassen sich bei sozialdemokratischen Wählern aber nicht erkennen - ihre Zustimmungswerte schwanken je nach Bildungsgrad allenfalls gering. Ähnliches gilt für die Union: Sie verzeichnet über die verschiedenen Bildungsgrade hinweg Zustimmungswerte von mehr als 30 Prozent, schneidet aber - wenn auch hauchdünn - bei Menschen mit Hauptschulabschluss am besten ab.

Wo die Arbeiter hin sind

Dass die SPD keine wirkliche Arbeiterpartei mehr ist, zeigen auch die Werte aus Hessen. Nur 15 Prozent dieses Berufsstands machten ihr Kreuz bei den Genossen, mehr als doppelt so viel sind es bei der CDU, deren Unterstützung wie beim Bildungsgrad aber nicht sonderlich vom Beruf abhängt. Und lediglich sieben Prozent der Stimmen aus dem Arbeitermilieu entfallen laut Prognose auf die Grünen. Wer dagegen nach den Ursachen für das starke Ergebnis der AfD sucht, kommt an den hessischen Arbeitern nicht vorbei: 27 Prozent der Stimmen holt sie hier, etwa zehn Prozentpunkte mehr als die Prognosen der AfD derzeit insgesamt zuschreiben. Dagegen fällt die Unterstützung aus Beamtenkreisen für die extrem rechte Partei mit acht Prozent eher gering aus. Diese Berufsgruppe tendiert eher zu CDU, SPD und Grünen.

Prognosen am Wahlabend basieren auf repräsentativen Exit-Polls, Umfrageinstitute befragen dafür Wählerinnen und Wähler gleich nach der Stimmabgabe. Gefragt wird nicht nur, für wen jemand sein Kreuz gesetzt hat, sondern auch nach der soziodemografischen Zugehörigkeit. Für die Exit-Polls zur hessischen Landtagswahl wurden am Sonntag 16 973 Wählerinnen und Wähler befragt. Weitere 1258 Hessinnen und Hessen waren zudem in der Woche vor der Wahl telefonisch befragt worden.

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