Bei einem hochrangigen Beamten des US-Verteidigungsministeriums sind beim Nato-Gipfel im litauischen Vilnius im vergangenen Jahr Symptome aufgetreten, die denen des sogenannten Havanna-Syndroms ähneln. Pentagon-Sprecherin Sabrina Singh bestätigte den Fall am Montag (Ortszeit) in Washington auf die Frage nach einem entsprechenden Medienbericht. "Ich kann bestätigen, dass ein hochrangiger Beamter des Verteidigungsministeriums Symptome hatte, die denen ähneln, die bei den ungewöhnlichen Gesundheitsvorfällen gemeldet wurden." Die Person sei beim Gipfel in Vilnius gewesen, habe aber nicht zur Delegation des Verteidigungsministers gehört.
Als Havanna-Syndrom werden unspezifische Symptome wie Kopfschmerzen, Hörverlust, Schwindel und Übelkeit zusammengefasst, über die zahlreiche, in der kubanischen Hauptstadt Havanna lebende US-Diplomaten und ihre Angehörigen klagten. Betroffene gaben an, dass die Symptome begannen, nachdem sie etwa ein seltsames Geräusch hörten oder starken Druck in ihrem Kopf spürten.
Spur führt zu russischem Geheimdienst
Die US-Regierung hatte anfangs nicht ausgeschlossen, dass es sich um eine Art Angriff gehandelt haben könnte. Vor gut einem Jahr gingen die US-Geheimdienste laut einem offiziellen Bericht dann mehrheitlich davon aus, dass kein "ausländischer Gegner" für das sogenannte Havanna-Syndrom verantwortlich sei. Die gemeldeten Beschwerden seien stattdessen wahrscheinlich das Ergebnis von Vorerkrankungen, anderer Krankheiten oder Umweltfaktoren.
Allerdings könnte das Havanna-Syndrom laut einer gemeinsamen Recherche des Spiegels, des US-Nachrichtenmagazins "60 Minutes" auf CBS und des russischen Portals The Insider womöglich doch auf Angriffe des russischen Geheimdienstes zurückzuführen sein. Die Journalisten fanden Hinweise darauf, dass Mitglieder der Spezialeinheit 29155 des russischen Militärgeheimdienstes GRU die Vorfälle mithilfe sogenannter Energiewaffen ausgelöst haben könnten.
Trat das Havanna-Syndrom schon 2014 in Frankfurt am Main auf?
Der Spiegel zitiert auch einen Betroffenen, der behauptet, erste Fälle des Syndroms seien schon im US-Konsulat in Frankfurt am Main im Jahr 2014 aufgetaucht. Bestimmend war bislang jedoch die Ansicht, dass die ersten Fälle im Jahr 2016 in Havanna aufgetreten seien.
Aus dem US-Außenministerium hieß es, man wolle die Berichte weder bestätigen noch kommentieren. Man habe betroffene Mitarbeiter mithilfe des Havanna-Gesetzes umfangreich entschädigt und unterstützt. Der Geheimdienstausschuss sei im März 2023 zu dem Schluss gekommen, dass es unwahrscheinlich sei, dass ein ausländischer Gegner für das Havanna-Syndrom verantwortlich sei. An dieser Einschätzung halte man fest. Die Geheimdienste würden neue Informationen auswerten, wenn es solche gebe.