Koalition:Ampel will 2024 Schuldenbremse einhalten

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2024 hat die Ampel weniger Geld - daher soll es Einsparungen geben. (Foto: Florian Gaertner/IMAGO/photothek)

SPD, Grüne und SPD einigen sich im Haushaltsstreit. Kanzler Olaf Scholz kündigt Einsparungen und höhere CO₂-Preise an. CDU-Fraktionschef Merz wirft ihm "Tricksereien" vor.

Von Leopold Zaak

Die Ampelregierung will im kommenden Jahr die Schuldenbremse einhalten - zumindest vorerst. Das gaben Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) bekannt, nachdem sie sich in der Nacht auf den Bundeshaushalt 2024 geeinigt hatten. "Wir müssen mit deutlich weniger Geld auskommen", sagte Scholz und kündigte Einsparungen in mehreren Bereichen an.

Scholz nannte als ersten Punkt den Abbau klimaschädlicher Subventionen, was Finanzminister Lindner zufolge Ausgaben in Höhe von drei Milliarden Euro einsparen soll. Der CO₂-Preis etwa soll steigen. Man wolle damit auf den "Pfad der großen Koalition" zurückkehren, die das Instrument damals beschlossen hatte, sagte Wirtschaftsminister Habeck. Demnach steigt der Preis im kommenden Jahr auf 45 Euro pro Tonne für Unternehmen, die die Mehrkosten dann an die Verbraucher weitergeben. Der geplante milliardenschwere Zuschuss für die Netzentgelte soll gestrichen werden. Die Entgelte sind ein Teil des Strompreises und für den Ausbau des Netzes bestimmt. Heizen, Tanken und auch der Strom dürften insgesamt deutlich teurer werden. Zudem werden zukünftig Plastik sowie Kerosin bei Inlandsflügen besteuert. "Das tun wir nicht gerne, aber es ist nötig", sagte Scholz mit Blick auf die Einsparungen.

Gekürzt wird auch der Klima- und Transformationsfonds, mit dem etwa der Umbau zu einer klimafreundlichen Wirtschaft gefördert wird. Der Topf bleibt zwar bestehen, soll aber um zwölf Milliarden Euro gekürzt werden. Habeck sagte, der Haushalt stelle sicher, dass der Umbau der Wirtschaft fortgesetzt werden könne. Der Ausbau eines Wasserstoffnetzes sowie die Förderung der Halbleiterindustrie gehe weiter.

Keine Kürzungen soll es im sozialen Bereich geben, wie Lindner versicherte. "Menschen in Notlagen sind nicht die Leidtragenden der aktuellen Situation", hieß es in einem Papier der Koalitionäre. Lindner deutete aber an, dass man den Sozialstaat effizienter machen wolle. 1,5 Milliarden Euro wolle man einsparen, indem man Geflüchtete aus der Ukraine in den Arbeitsmarkt integriert.

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Auch die angekündigte Verdopplung der Militärhilfe für die Ukraine bleibt bestehen. Die acht Milliarden Euro sollen im Haushalt 2024 verankert werden.

Der Einigung war ein wochenlanger Streit vorausgegangen, ausgelöst durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts im November, das Buchungstechniken im Haushalt von 2022 für verfassungswidrig erklärt hatte. In einem eilig verabschiedeten Nachtragshaushalt für 2023 setzte die Ampel erneut die Schuldenbremse aus. Auch der Haushalt für 2024 stand nach dem Urteil auf der Kippe. Hauptstreitpunkt war die Frage, ob die Schuldenbremse im kommenden Jahr eingehalten oder erneut ausgesetzt werden soll, zumal Finanzminister Lindner ein Haushaltsloch von 17 Milliarden Euro identifizierte.

Flutkatastrophen oder die Lage in der Ukraine könnten eine neue Notsituation rechtfertigen

Nach der Einigung sagte Lindner: "Diese Koalition ist handlungs- und einigungsfähig auch bei sehr schweren Aufgaben." Auch Kanzler Scholz lobte die Gespräche als "konstruktiv" und "vertraut". Er sprach im Bundestag von "harter Arbeit", an deren Ende ein "guter Haushalt" stehe. Wirtschaftsminister Habeck nannte die Lösung "solide".

Die Ampel-Politiker betonten zwar, im kommenden Jahr zur Schuldenbremse zurückzukehren, doch ein Hintertürchen hielten sie sich offen. In einer Regierungserklärung im Bundestag sagte Scholz, in Notlagen vergleichbar der Flutkatastrophe im Ahrtal 2021 werde man Schulden oberhalb der Bremse aufnehmen. Man prüfe bereits, für 2,7 Milliarden Euro Hilfszahlungen für die Betroffenen im Flutgebiet eine Ausnahme von der Schuldenbremse machen zu können. Auch für den Fall, dass sich die Lage an der Front in der Ukraine verschärfen sollte, werde man die Lage neu bewerten. Gleiches soll für das Szenario gelten, wenn andere große Geldgeber für das von Russland angegriffene Land wegfallen - etwa die USA.

In seiner Regierungserklärung nahm Scholz auch explizit den Bundestag in die Verantwortung. Sollte die Regierung zu dem Schluss kommen, die Haushaltslage neu zu bewerten, werde man einen Überschreitensbeschluss ins Parlament einbringen.

Daran gab es heftige Kritik von CDU-Fraktionschef Friedrich Merz. Er warf Scholz vor, dieses Szenario bewusst einzukalkulieren. Scholz wisse, dass der Haushalt 2024 mit der Schuldenbremse nicht einzuhalten sei, und plane bereits mit einer Notlage, um die Bremse erneut auszusetzen, sagte Merz. Das Gesetz sehe eine Ausnahme von der Schuldenbremse bei unvorhergesehenen Notlagen vor, nicht bei solchen, die man Monate im Voraus ankündige. "Diese Trickserei lassen wir Ihnen nicht durchgehen", sagte Merz.

Das Jahr 2024 wird trotz der Einigung mit einem vorläufigen Haushalt starten. Die Beratung und Verabschiedung im Bundestag ist frühestens im Januar möglich.

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