Hartz IV, die FDP und der Sozialismus:Wut auf Westerwelle

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Die Opposition und die Gewerkschaften empören sich über die Äußerungen zur Sozialpolitik von FDP-Chef Guido Westerwelle. Er beleidige und diffamiere Arbeitslose, er müsse sich entschuldigen.

Lange waren sich die SPD und die Gewerkschaften, Linke und Grüne nicht mehr so einig: Allesamt wettern sie über die drastischen Äußerungen Guido Westerwelles zur Debatte um Hartz IV.

Findet, dass manche Linke unter Leistung fast Körperverletzung verstehen: FDP-Chef Guido Westerwelle (Foto: Foto: AFP)

Während der FDP-Chef bei seiner Kritik nachgelegt - er redet von "geistigem Sozialismus" und Linken, auf die Leistung wie eine Körperverletzung wirke - attackiert Michael Sommer den Außenminister.

Der Vorsitzende Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB erklärte in den Ruhr Nachrichten: "Es ist für einen Vizekanzler unangemessen, Millionen von 'Hartz IV'-Beziehern so zu diffamieren". Sommer weiter: "Vielmehr wäre es seine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die soziale Balance in diesem Land erhalten bleibt."

Sozialleistungen seien "keine Gnadengabe, sondern Verpflichtung eines demokratischen Rechtsstaats, der die Menschenwürde garantiert", erklärte ver.Di-Chef Frank Bsirske. "Jetzt lässt Guido Westerwelle die Maske fallen", so Bsirske in der Passauer Neuen Presse (PNP).

Und der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) forderte Westerwelle auf, sich bei Hartz-IV-Empfängern zu entschuldigen. Dessen Äußerungen zum Hartz-IV-Urteil des Bundesverfassungsgerichts seien "empörend", sagte Beck im ZDF. "Wer so etwas sagt, hat die Lebensrealität der Menschen völlig aus dem Auge verloren. Ich finde, da ist eine Entschuldigung fällig", sagte Sozialdemokrat.

Die Grünen-Fraktionschefin Renate Künast sprach in der PNP von einer "Beleidigung für Millionen Langzeitarbeitslose".

Haderthauer: Kostenlose Bildungsangebote

Der Fraktionsvorsitzende der Linken, Gregor Gysi, forderte, das Existenzminimum müsse künftig ohne Demütigung und Repression gewährt werden. "Was gehört dazu? Essen und Kleidung natürlich, aber das ist nicht alles", sagte Gysi der Berliner Zeitung.

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) schloss im ZDF höhere Kosten für den Staat durch das Karlsruher Urteil nicht aus. Diese könnten vor allem dadurch entstehen, dass der Richterspruch den Berechnungsmodus der Hartz-IV-Sätze für Kinder infrage stelle. "Das kann die Sache teurer machen und das ist dann auch richtig", sagte sie.

Die bayerische Sozialministerin Christine Haderthauer forderte unterschiedliche Hartz-IV-Sätze für Geschwisterkinder. "Wir sollten nun auch überlegen, ob für das zweite und dritte Kind der gleiche Bedarf besteht wie für das erste Kind", sagte sie der PNP. Es gebe Kosten, die nicht für jedes weitere Kind in vollem Umfang neu entstünden. So könne auch die Kleidung der größeren Kinder weitergegeben werden.

Die CSU-Politikerin sprach sich zudem dafür aus, statt Geldleistungen alle Bildungsangebote für Kinder umsonst anzubieten. "Was wir an Bildungs- und Teilhabechancen für Kinder bereitstellen, müssen wir genauso wie Straßen kostenlos zur Verfügung stellen", sagte sie.

"Vereine, Museen, Schwimmbad, Hausaufgabenbetreuung, Nachhilfe kostenlos. Und zwar für alle Kinder. Denn nicht nur Hartz-IV-Familien, sondern auch viele berufstätige Eltern müssen doch oft nein sagen, wenn es etwa um Wünsche ihrer Kinder, Vereinsbeiträge oder Musikunterricht geht."

© sueddeutsche.de/dpa/AP/odg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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