Grüne:Mission Geschlossenheit

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Drohnen, Mindestlohn, CO₂-Preis: Bei ihrem Parteitag vermeiden die Grünen jeden scharfen Dissens - und stellen sich in seltener Eintracht hinter ihre Führung.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Die Grünen haben sich bei ihrem Parteitag am Wochenende geschlossen hinter ihre Parteispitze gestellt. Änderungsanträge, die auf eine Verschärfung des grünen Wahlprogramms hinausliefen, wurden entweder abgeschwächt, zurückgezogen oder fanden keine Mehrheit. Das Führungsduo um Annalena Baerbock und Robert Habeck wählten die Delegierten mit 98,5 Prozent. Die Partei trete nicht mehr mit dem Anspruch an, "nur ein ökologisches oder gesellschaftliches Korrektiv zu sein", sagte Winfried Kretschmann, grüner Ministerpräsident von Baden-Württemberg. "Wir treten an, um Deutschland zu führen und der Politik die Richtung vorzugeben." Das Wahlprogramm verabschiedet die Partei mit 98 Prozent.

3280 Änderungsanträge waren für den Parteitag eingereicht worden, sie verlangten mal einen höheren CO₂-Preis, mal ein schärferes Tempolimit, mal die Tilgung des Wortes "Deutschland" aus der Überschrift des Wahlprogramms. Durchsetzen konnte sich keiner, viele Anträge waren schon zurückgezogen worden, ehe es zu einer Abstimmung kam. Das zeige, "dass die Partei gemeinsam, geschlossen und entschlossen Erfolg will", sagte Bundesgeschäftsführer Michael Kellner. Es ist das Bild, dass die Grünen nun zeigen wollen. Angriffe, sei es durch politische Gegner oder Zeitungsanzeigen, dürften die Geschlossenheit zuletzt noch befördert haben.

So stellten sich die Grünen hinter die Forderung, den Spitzensteuersatz auf 48 Prozent zu erhöhen - für Einkommen über 250 000 Euro. Forderungen, ihn gleich auf 53 Prozent zu erheben, lehnten sie dagegen ab. Zuvor hatte Habeck dafür geworben, den Steuersatz angemessen, aber nicht übertrieben zu erhöhen. Auch ein Antrag, die Schuldenbremse im Grundgesetz abzuschaffen, fand keine Mehrheit. Beim Mindestlohn verständigten sich die Delegierten auf einen Stundensatz von 12 Euro. Bundesgeschäftsführer Kellner hatte gewarnt, alles andere könne die "breite Allianz mit den Gewerkschaften" beschädigen. Auch der Hartz-IV-Satz soll steigen, "in einem ersten Schritt" um monatlich 50 Euro. Ein Antrag der Grünen Jugend, der den Satz um 200 Euro erhöht hätte, ging nicht durch. Mit knapper Mehrheit öffneten sich die Grünen sogar für die Forderung, bewaffnete Drohnen bei der Bundeswehr anzuschaffen - aber nur, wenn vor jedem Einsatz einzeln beschlossen wird, ob er dem Schutz von Soldatinnen und Soldaten dient und nicht etwa gezielten Angriffen auf politische Gegner.

Zuletzt hatten die Grünen in Umfragen an Zustimmung verloren, unter anderem nach Unstimmigkeiten bei Nebeneinkünften und im Lebenslauf ihrer Spitzenkandidatin. Hinzu kam eine Debatte über die Folgen eines steigenden CO₂-Preises, etwa für Autofahrer. In ihrer Rede hatte Baerbock Fehler abermals eingeräumt. Im Zentrum ihrer Politik bleibe das "Abwenden der Klimakrise". Dazu stellte sie unter anderem einen Pakt mit der deutschen Industrie in Aussicht. Hier könne der Staat verbindlich zusagen, den Unternehmen Mehrkosten auf dem Weg zur Klimaneutralität zu erstatten. "Statt zu verhindern und abzuwehren, will ich ermöglichen", sagte sie. Zuletzt war den Grünen von verschiedenen Seiten vorgeworfen worden, sie bauten allein auf Verbote.

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