Ampelregierung:Die Bremse löst sich

Lesezeit: 2 min

Annalena Baerbock (l.), Omid Nouripour und Ricarda Lang sitzen beim Länderrat der Grünen in der ersten Reihe. (Foto: Boris Roessler/dpa)

Der kleine Parteitag der Grünen verhindert die nächste große Krise der Regierungskoalition. Aber noch sind viele Vorhaben offen - und umstritten ist nicht nur die Asylpolitik

Von Georg Ismar und Henrike Roßbach, Berlin

Die Führung der Grünen hat am Wochenende im parteiinternen Asylstreit die nächste potenzielle Krise der Ampel noch einmal verhindern können. Trotzdem bleiben Zweifel, ob die Regierung von Kanzler Olaf Scholz (SPD) dauerhaft zu neuer Stabilität finden kann.

In den verbleibenden Wochen bis zur Sommerpause müssen noch mehrere große Gesetzesvorhaben durch den Bundestag oder das Kabinett, darunter das Heizungsgesetz und der nach wie vor umstrittene Bundeshaushalt. Gleichzeitig sind auch beim Thema Asyl keineswegs alle Meinungsunterschiede ausgeräumt. Bei einem kleinen Parteitag der Grünen im hessischen Bad Vilbel wurde zwar am Samstag ein Antrag des Bundesvorstandes zur Asylpolitik gebilligt. Allerdings fordern die Grünen etwa von Außenministerin Annalena Baerbock Nachbesserungen. Sie soll sich erneut auf EU-Ebene dafür einsetzen, dass zum Beispiel Familien mit Kindern grundsätzlich von den geplanten Asyl-Schnellverfahren an den EU-Außengrenzen ausgenommen werden.

Der Hintergrund: Die EU-Innenminister hatten mit deutscher Zustimmung beschlossen, dass Anträge von Migranten mit geringen Aussichten auf Asyl bereits an den Außengrenzen im Eilverfahren geprüft werden sollen. Während der Verfahren sollen sie in streng kontrollierten Aufnahmeeinrichtungen bleiben müssen. Der Beschluss sorgte bei Teilen der Grünen für Empörung, weil keine Ausnahmen für Familien mit Kindern vorgesehen sind. Wie die Forderungen des Parteitags umgesetzt werden sollen, ist unklar.

Auch beim Gebäudeenergiegesetz muss vor der Verabschiedung im Bundestag noch einiges geklärt werden; unter anderem das Volumen der finanziellen Förderung und wie stark Mieter über eine Umlage belastet werden dürfen. Immerhin: Weil die Fraktionen von SPD, Grünen und FDP sich zumindest auf Leitlinien für eine Veränderung des Regierungsentwurfs geeinigt haben, geht es jetzt auch bei anderen Vorhaben wieder voran. "Da haben sich ein paar Bremsen gelöst", sagte der stellvertretende SPD-Fraktionschef Detlef Müller der Süddeutschen Zeitung. Ein Beispiel: "Wir haben am Donnerstag endlich die erste Lesung für die Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung." Dabei geht es um einen schnelleren Bau von 145 Autobahn- und mehr als 300 Eisenbahnabschnitten. Bereits vergangene Woche hat das Kabinett der Sicherheitsstrategie der Regierung zugestimmt, auch der Entwurf für das bislang strittige Klimaschutzgesetz dürfte bald ins Kabinett kommen.

Zuvor hatten die Koalitionäre aus taktischen Gründen zunehmend völlig sachfremde Themen miteinander gekoppelt und sich so gegenseitig blockiert. "Das war ja wie beim Kabarett - man redet über Beschleunigung, und dann liegen die Gesetze wochenlang rum, weil man sich bei den Heizungen nicht einigen kann", sagte Müller.

Neben dem Asylthema kann aber auch der Haushaltsstreit das aktuelle Momentum schnell wieder bremsen. Im Interview mit der SZ sagte Finanzminister Christian Lindner (FDP) zwar, dass der Haushalt "planmäßig und wie angekündigt" vor der Sommerpause vorgelegt werde. Doch nach wie vor besteht offenbar nicht mit allen Ressorts Einigkeit über die Sparvorgaben, die Lindner gemacht hat.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: