Großbritannien:Tories erhöhen den Druck auf Theresa May

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Die britische Premierministerin Theresa May vor ihrer Residenz in der Downing Street in London (Foto: AFP)
  • Der Druck auf die britische Premierministerin aus ihrer eigenen Partei steigt.
  • Immer wieder gibt es Gerüchte, wonach die Tories im Hintergrund bereits am Sturz Mays arbeiten.
  • Die Brexit-Hardliner in der Partei fordern endlich Erfolge in den Austrittsverhandlungen mit der EU.

Von Cathrin Kahlweit, London

Sie sei keine, die aufgibt - das hat die britische Premierministerin Theresa May schon viele Male betont, wenn die Kritik an ihrer Amtsführung zu laut wurde. Was aber, wenn die Partei sie aufgibt?

Derzeit ist May in China, um über einen Ausbau der Handelsbeziehungen zu reden. Auf dem Flug nach Asien betonte sie erneut, sie wolle weitermachen, müsse aber wohl ihre Arbeit besser erklären. Wie? Sie solle einfach endlich mal sagen, was sie will, heißt es dagegen verbittert in London, und gern wird im Parlament aus Zeitungsberichten zitiert, nach denen sich die Bundeskanzlerin in Berlin über May lustig gemacht haben soll. Immer, wenn man sie frage, welche Forderungen sie für die weiteren Verhandlungen zum EU-Austritt an Brüssel habe, so Merkel, sage May gebetsmühlenartig: "Make me an offer", machen Sie mir ein Angebot.

Jede mögliche Variante des Brexit schadet dem Königreich

Seit Tagen hagelt es Vorwürfe, Kritik, Drohungen gegen die Premierministerin, und die Gerüchte, dass die nötigen 48 Stimmen zusammen seien, welche die Tories für die parteiinterne Vertrauensfrage und ihren Sturz brauchen, werden wieder lauter. Anlässe für Kritik gäbe es genug, aber zwei sind es im Besonderen, welche die Debatte anheizen: Am Dienstag war eine ökonomische Studie bekannt geworden, die verschiedene Regierungsstellen ausgearbeitet hatten; eigentlich sollte sie geheim bleiben, aber das Papier wurde Buzzfeed, einem Online-Journal, gesteckt.

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Die bittere Nachricht in dem Papier: Jede mögliche Variante des Brexit schade dem Königreich. Im Falle eines Freihandelsabkommens nach dem Ausstieg aus der EU könne das Wachstum in den nächsten 15 Jahren um etwa fünf Prozent einbrechen. Sollte Großbritannien ohne Deal aussteigen, könne der Schaden sogar bei acht Prozent minus liegen. Sogar, wenn die Briten Zugang zum Binnenmarkt behielten, müssten sie mit zwei Prozent weniger Wirtschaftswachstum rechnen.

Ein Staatssekretär aus dem Brexit-Ministerium sagte nach Bekanntwerden der Zahlen, diese seien nur veröffentlicht worden, um den Brexit zu hintertreiben. Die Labour-Opposition im Parlament kündigte umgehend an, man wolle die Regierung zwingen, das Dokument vollständig freizugeben, damit sich die Bevölkerung einen Eindruck von den Negativ-Folgen der Brexit-Entscheidung machen könne, und auch Tories meldeten Proteste an. Downing Street ließ wissen, das Papier enthalte nur vorläufige Berechnungen, und May kündigte an, die Regierung werde den Abgeordneten schon noch alle nötigen Informationen geben, bevor diese endgültig über den Brexit-Deal abstimmen.

Die Hardliner der Tories stellen May immer unverhohlener ein Ultimatum

Nur: Wie diese Einigung aussehen wird, steht weiter grundlegend infrage. Vor wenigen Tagen hatte Brüssel die Verhandlungspartner in London wissen lassen, wie sich die EU die Übergangsphase nach dem März 2019 vorstellt. Sie soll kürzer dauern, als die Briten wollen; London müsste sich an EU-Vorgaben halten und auch die Jurisdiktion des Europäischen Gerichtshofs noch akzeptieren. Die Briten, hieß es aus Brüssel, hätten bei bisherigen Treffen gegen diese Pläne keine Einwände erhoben.

Das hat Empörung bei den Tories ausgelöst, die ohnehin finden, die britische Regierung lasse sich am Nasenring durch die Brüsseler Arena führen. Solle sich London in den knapp zwei Jahren nach dem Brexit weiter dem Diktat der EU beugen, sei das ein Verhandlungsversagen. Das werde man nicht hinnehmen, sagen Mays Kritiker.

Die Hardliner bei den Tories stellen ihr immer unverhohlener ein Ultimatum: Entweder May verhandelt schärfer und holt mehr heraus, oder sie verliert ihren Job. Die Premierministerin hat daraufhin eine dritte programmatische Rede zum Brexit, die für die kommenden Wochen angedacht war, abgesagt und sich inhaltlich, ohne Position zu beziehen, erst einmal nach China abgesetzt.

© SZ vom 01.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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