Griechenland:Athens Geldgeber haben aus der Krise nichts gelernt

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Jeder Schritt, den Premierminister Tsipras derzeit auf der Athener Bühne unternimmt, könnte ihn zum Stolpern bringen (Foto: Bloomberg)

Die Gläubiger fordern Unerfüllbares von Athen. So wird es nur zu Neuwahlen kommen mit dem Resultat: Griechenland wird radikalisiert.

Kommentar von Christiane Schlötzer

Man sagt ja oft, was lange währt, wird endlich gut. Für das Drama um Griechenland gilt das leider nicht. Da geht derzeit gar nichts gut. Im Gegenteil. Jeder neue Akt in dieser schier unendlichen Tragödie und jedes possenartige Zwischenspiel sorgen nur dafür, dass die Endrechnung immer höher werden wird, womöglich unvertretbar hoch. Nur wer die Zeche einst bezahlen muss, scheint noch offen zu sein: Griechenland oder die übrigen Euro-Staaten.

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An diesem Freitag hätte Athen eigentlich 300 Millionen Euro an den IWF überweisen sollen. Das Geld wäre wohl noch vorhanden gewesen. Doch Premier Alexis Tsipras hat es vorgezogen, ein IWF-Angebot anzunehmen und mehrere Zahlungen am Monatsende zu bündeln. Das hat zwar in der Geschichte des Fonds bislang nur Sambia so gemacht, vor 30 Jahren. Trotzdem sollte dieser Aufschub eigentlich nicht so viel Besorgnis auslösen, als dass gleich die Kanzlerin und der französische Präsident zum Telefon greifen müssten, um 90 Minuten lang mit Tsipras zu sprechen. So sollte man meinen.

Syriza ist eigentlich ein Sammelsurium von Gruppen und Gruppeninteressen

Nur: Jeder Schritt, den Tsipras derzeit auf der Athener Bühne unternimmt, könnte ihn zum Stolpern bringen. Dass nun erstmals eine IWF-Rate von Athen nicht pünktlich bezahlt wurde, wird besonders vom Linksaußenflügel der Regierungspartei Syriza bejubelt.

Syriza ist eigentlich gar keine Partei, sondern ein Sammelsurium von Gruppen und Gruppeninteressen. Das Farbspektrum reicht von tiefrot bis grün, von Trotzkisten, über Gewerkschafter bis zu Ex-Mitgliedern der sozialdemokratischen Pasok. Tsipras' Rolle kommt da einem Zirkusdompteur schon recht nahe: Er lockt, droht, belohnt, mal Linksaußen, mal den Realo-Flügel. Fraktionsdisziplin ist damit nicht garantiert.

Die Forderungen der Geldgeber sind zum großen Teil dieselben geblieben

Das gilt umso mehr, wenn Syriza nun schlucken müsste, was schon die Konservativen von Antonis Samaras für unverdaulich hielten. Die steuerten lieber auf Neuwahlen zu, statt weiterzuregieren.

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Etwa vier Fünftel der Forderungen an Griechenland aus dem gemeinsamen Papier der Geldgeber lesen sich wie das, was Samaras 2014 hätte erfüllen sollen. Samaras verweigerte sich. Er wusste, wie schwierig die Abstimmung sein würde. Die Rentenreform zum Beispiel. Wenn jetzt EU und IWF Spiegelstrich für Spiegelstrich die Forderungen an Syriza weitergeben, kann die griechische Regierung mit einigem Recht sagen: Dafür sind wir nicht gewählt.

Im Falle von Neuwahlen würde die Schlussrechnung noch höher ausfallen

Es entwickelt sich eine höchst kostspielige Farce, wenn auch die Regierung Tsipras an denselben Klippen zerschellen würde, wie schon ihre Vorgänger. Bei Syriza reden sie bereits über Neuwahlen. Sollte es so weit kommen, wird die Schlussrechnung noch höher ausfallen, weil dann noch mehr Zeit mit quälender Ungewissheit vergangen sein wird. Auch dann müssten die Euro-Ländern Griechenland notgedrungen finanziell stützen, weil niemand eine soziale Großkatastrophe am Südrand Europas zulassen kann. Gewonnen wäre mit einem solchen Szenario nichts. Auch nach Wahlen hieße der Premier wohl wieder Tsipras und seine Regierungspartei Syriza.

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Wenn es überhaupt noch einen einigermaßen noblen Schlussakt unter ein unwürdiges Drama gibt, dann vielleicht den: Tsipras sollte aufhören, neue Drohkulissen aufzubauen. Am Freitag etwa telefonierte er kurz mal mit dem - vom G-7-Gipfel ausgeladenen - Wladimir Putin, nach dem Motto: Wir haben auch noch andere Freunde. In Berlin könnte man dafür auch mal zugeben, dass man mit dem Rettungsprogramm für Griechenland in der Vergangenheit nicht immer richtig lag. Das wäre mal ein neues Drehbuch.

© SZ vom 06.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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