Gesetzentwurf:Bundesrat ringt um Asyl-Kompromiss

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Drei Balkanstaaten sollen mit einem Gesetz zu sicheren Herkunftsländern erklärt werden. Die Bundesregierung ist dabei im Bundesrat auf die Grünen angewiesen - die fordern für ihre Zustimmung allerdings Zugeständnisse beim Asylrecht.

Von Heribert Prantl, München

Hinter den Kulissen des Bundesrats findet ein Ringen um die Zukunft des Flüchtlingsrechts in Deutschland statt. Die Grünen versuchen dort, der großen Koalition Verbesserungen abzutrotzen. Die Möglichkeit dafür bietet ausgerechnet ein Gesetz, mit dem das Asylrecht verschärft werden soll: Am 19. September soll in der Länderkammer über ein Gesetz abgestimmt werden, mit dem drei Länder des Westbalkans zu sicheren Herkunftsländern erklärt werden; Asyl für Menschen aus diesen Staaten gibt es dann praktisch nicht mehr.

Dieses Gesetz kann nur in Kraft treten, wenn mindestens eines der sieben Bundesländer dafür stimmt, in denen die Grünen mitregieren. Die Grünen lehnen es bisher als fundamentale Verletzung des Asylrechts ab. Schon vor der Sommerpause haben auf Initiative von Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) Verhandlungen begonnen, die ausloten sollen, ob es einen "Deal" geben kann - Erleichterungen auf anderen Gebieten des Flüchtlingsrechts, wenn die Grünen dem Gesetz über die "sicheren Herkunftsstaaten" zustimmen.

Denkbar ist die Abschaffung der Residenzpflicht, also der behördlichen Auflage an Flüchtlinge, sich nur in einem bestimmten Gebiet aufzuhalten. Denkbar ist auch, die Aufnahme von Arbeit zu erleichtern. Bisher darf ein Asylbewerber nur dann beschäftigt werden, wenn kein Deutscher oder EU-Angehöriger die Arbeit machen will.

Grünen erwarten für ihrer Zustimmung "massives Entgegenkommen"

Die weitestgehende Änderung wäre es, das Asylbewerberleistungsgesetz teilweise oder völlig abzuschaffen. Auch nachdem das Bundesverfassungsgericht dessen Leistungen angepasst hat, enthält es noch viele Schärfen. Entfällt es, würden die Flüchtlinge in die normale Sozialhilfe eingegliedert. Für die Kommunen würde das eine große Ersparnis bedeuten, einen Teil der Leistungen müsste dann der Bund übernehmen. Kanzleramtsminister Altmaier schätzt die Kosten auf 760 Millionen Euro und hält diese für nicht finanzierbar.

Es könnten zumindest die Menschen aus dem Asylbewerberleistungsgesetz herausgenommen werden, die einen Aufenthaltstitel haben - und den Flüchtlingen, die weiter mit diesem Gesetz leben müssen, könnte ein besserer Gesundheitsschutz gegeben werden. Derzeit können Flüchtlinge nur eine medizinische Minimalversorgung in Anspruch nehmen.

Die Verhandlungen werden durch weitere Vorhaben der Regierung erschwert. Ein Gesetzentwurf des Bundesinnenministeriums "zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbestimmung" verschärft die EU-Aufenthaltsrichtlinie. Bei "Fluchtgefahr" soll künftig jeder Ausländer eingesperrt werden können. Die Grünen erwarten dagegen ein "ganz massives Entgegenkommen" der Bundesregierung, wenn sie zustimmen sollen. Kanzleramtsminister Altmaier gibt sich kompromissbereit: Wenn es mittels des Gesetzes gelinge, die Asylbewerberzahlen deutlich zu senken, gebe es "Spielraum in vielen anderen Bereichen", in denen man großzügig sein könne - zum Beispiel bei einer Bleiberegelung für Altfälle.

© SZ vom 08.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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