Die Entlassung von Umweltminister Norbert Röttgen durch Kanzlerin Angela Merkel (beide CDU) sorgt für Zwist in der Union. Unionsfraktionschef Volker Kauder warnte Röttgen vor einer "Abrechnung" mit der CDU-Vorsitzenden.
Ex-Minister Röttgen soll einem Bericht der Zeitung Bild am Sonntag zufolge angekündigt haben, die Umstände seiner Entlassung öffentlich zu machen. Merkel habe ihm vor der NRW-Wahl versichert, auch bei einer Niederlage sei er als Umweltminister für die Energiewende unverzichtbar.
"In der Union kann jeder seine Meinung sagen", sagte Kauder daraufhin der Bild-Zeitung, setzte jedoch hinzu: "Vor allem für uns, die wir Verantwortung tragen, muss aber gelten: Zuerst kommt das Land und die Menschen, dann erst die Partei und ganz zum Schluss komme ich."
Ausweichend antwortete der CDU-Politiker auf die Frage, ob Röttgen seinen CDU-Vizeposten aufgeben solle: "Das ist seine Entscheidung." Röttgen sei ja auch "manch gutem Rat vor der Landtagswahl nicht gefolgt", sagte Kauder weiter, wohl unter Anspielung auf die Tatsache, dass Röttgen sich bei seiner Kandidatur als CDU-Spitzenkandidat in Nordrhein-Westfalen nicht dazu entschlossen hatte, gegebenenfalls auch die Oppositionsführerschaft in dem Bundesland zu übernehmen - und zwar entgegen deutlicher Empfehlungen aus der Union.
Kauder versicherte, dass ein TV-Interview von CSU-Chef Horst Seehofer bei der Entlassung keine Rolle gespielt habe. Seehofer hatte Röttgen in einem ZDF-Interview für das desaströse CDU-Ergebnis bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen verantwortlich gemacht. Kurz darauf entließ Merkel den Umweltminister.
Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Michael Fuchs, forderte Umwelt- und Wirtschaftsministerium zu einer stärkeren Zusammenarbeit bei der Energiewende auf. Dem Hamburger Abendblatt sagte der CDU-Politiker, die Zusammenarbeit beider Häuser sei "zuletzt nicht optimal" gewesen. Kritik übte Fuchs an Röttgen. "Röttgen hat als Minister für die Energiewende offenbar falsche Signale ausgesandt. Die Energiewende muss gemeinsam mit allen Akteuren gestaltet werden - und das möglichst schnell."
Dagegen lobte Fuchs Röttgens designierten Amtsnachfolger Peter Altmaier (CDU): "Peter Altmaier ist ein Politiker, der unterschiedliche Positionen gut integrieren kann." Genau das werde nun gebraucht.
Der frühere Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (CDU) kritisierte hingegen die Entlassung Röttgens aus dem Kabinett in scharfer Form. "Das entspricht nicht meinen Vorstellungen, wie man miteinander umgeht", sagte er dem Kölner Stadt-Anzeiger. Dass man wegen einer Wahlniederlage vor die Tür gesetzt werde, sei eine "Uraufführung in der deutschen Nachkriegsgeschichte".
Röttgen sei "drei Tage vor der Wahl als großer Hoffnungsträger" gefeiert worden, nur um "drei Tage nach der Wahl in die Wüste geschickt" zu werden. Das sei nicht gut für eine christlich-demokratische Partei. Neben Röttgen gebe es viele Beispiele von Politikern, die für ein Amt kandidiert hätten und dann in ihren alten Ämtern geblieben seien, fügte Blüm hinzu. Er selbst sei ein solches Beispiel, da er 1990 wie Röttgen CDU-Spitzenkandidat in Nordrhein-Westfalen gewesen und nach der Niederlage Bundesarbeitsminister geblieben sei.