In Deutschland beschränkt sich die Zahl der Geheimdienste, die auf Bundesebene arbeiten, auf drei. Dazu kommen noch die Verfassungsschützer der Länder. Das ist wenig im Vergleich etwa zu den 16 Nachrichtendiensten in den USA. Dort gibt es neben der CIA, dem auch nachrichtendienstlich arbeitenden FBI, der Überwachungsbehörde NSA und dem Geheimdienst des Pentagon noch eine Reihe weiterer Organisationen, die zum Beispiel für einzelne Teile der Streitkräfte oder das Finanzministerium spionieren.
In Deutschland wird nun erneut diskutiert, die Arbeit der Nachrichtendienste sogar noch stärker zu bündeln. Denn bei der Suche nach den Mitgliedern der Zwickauer Terrorzelle, die zehn Menschen ermordet haben, ist es offenbar zu massiven Fehleinschätzungen und Versäumnissen gekommen, die auch strukturell begründet waren.
Die Geheimdienste der Bundesrepublik Deutschland. Ein Überblick.
Der Bundesnachrichtendienst (BND)
Der BND hat die Aufgabe, im Ausland Erkenntnisse zu sammeln, die "von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung für die die Bundesrepublik Deutschlands sind", wie es im BND-Gesetz heißt. Die Erkenntnisse der Behörde sollen der Bundesregierung helfen, Entscheidungen in den Bereichen Politik, Wirtschaft und Militär, aber auch Wissenschaft und Technik zu treffen. Der Nachrichtendienst unterstützt Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden bei der Abwehr von terroristischen und anderen Gefahren und versorgt die Bundeswehr bei Auslandseinsätzen mit Informationen.
Der Dienst, der dem Chef des Bundeskanzleramtes (derzeit Roland Pofalla, CDU) untersteht, führt Agenten, nutzt heimliche Film- und Tonaufzeichnungen, um Personen und Organisationen zu überwachen, kann Telefone abhören und Internetverbindungen überwachen. Neben der allgemeinen Aufklärung und dem Kampf gegen den internationalen Terror wird der Auslandsgeheimdienst mit seinen etwa 6500 Mitarbeitern im In- und Ausland auch eingesetzt, um die internationale organisierte Kriminalität, den Waffen- und Menschenhandel und den Rauschgiftschmuggel zu beobachten.
Militärischer Abschirmdienst (MAD)
Dieses Amt gehört zum Bundesverteidigungsministerium. Es soll die Bundeswehr vor Spionage, Sabotage und Terrorangriffen schützen, sowohl in Deutschland als auch im Rahmen der Auslandseinsätze. Außerdem übernimmt der MAD die Aufgabe des Verfassungsschutzes im Geschäftsbereich des Verteidigungsministeriums: Er sammelt Informationen über mögliche verfassungsfeindliche Bestrebungen innerhalb der Bundeswehr. Die Mitarbeiter des MAD haben auch die Aufgabe, das Personal der Bundeswehr zu überprüfen und für die Sicherheit von militärischen Anlagen zu sorgen. Für den MAD arbeiten etwa 1200 Personen. Es gibt allerdings Pläne, das Amt zu verkleinern und seine Zuständigkeiten zu beschneiden. So wird diskutiert, ob der MAD seine Arbeit im Bereich der Extremismus- und Terrorismusabwehr an den Verfassungsschutz abgeben sollte.
Dieses Amt ist eine Bundesbehörde im Bundesinnenministerium. Der Verfassungsschutz hat die Aufgabe, Informationen über Personen und Organisationen im In- und Ausland zu sammeln und auszuwerten, die im Verdacht stehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung und die Sicherheit des Bundes zu gefährden. Zu den Aufgaben des Amts gehören die Suche nach potenziellen oder mutmaßlichen Terroristen und terroristischen Vereinigungen sowie die Spionageabwehr - auch der Wirtschaftsspionage - sowie der Schutz vor Sabotage. Außerdem soll der Verfassungsschutz gewährleisten, dass Staatsgeheimnisse nicht verraten werden und übernimmt deshalb personelle Sicherheitsüberprüfungen. Die Zahl der Mitarbeiter der länderübergreifend arbeitenden Behörde liegt bei etwa 2600.
Landesbehörden für Verfassungsschutz
Neben dem Bundesamt für Verfassungsschutz gibt es in Deutschland in jedem Bundesland entsprechende eigenständige Behörden, die auf Länderebene im Prinzip die gleichen Aufgaben erfüllen wie das Bundesamt. In einigen Ländern existieren die Landesämter als eigenständige Behörden, in anderen werden sie als Abteilungen des Innenministeriums geführt und sind dem jeweiligen Minister unterstellt. Nach den gravierenden Ermittlungspannen bei der Suche nach den Mitgliedern der Zwickauer Terrorzelle wurde und wird diskutiert, ob kleinere Verfassungsschutzämter zusammengelegt werden und dem BfV mehr Kompetenzen überlassen werden sollten.
Bundeskriminalamt (BKA)
Das Bundeskriminalamt ist kein Geheimdienst im klassischen Sinne. Zu seinen Aufgaben gehört jedoch auch die heimliche Informationsbeschaffung etwa mit Hilfe von verdeckten Ermittlern und heimlichen Ton- und Bildaufnahmen. BKA-Beamte können die Erlaubnis erhalten, das Post- und Fernmeldegeheimnis zu brechen. Das Amt, das dem Bundesinnenministerium zugeordnet ist, führt umfangreiche Datenbanken und Fahndungsdateien über mutmaßlich politisch, religiös oder ideologisch motivierte Straftäter.
Zollkriminalamt (ZKA)
Das Zollkriminalamt gehört zum Bundesfinanzministerium. Seine Aufgabe ist es, Ermittlungen in den Bereichen Steuerhinterziehung, Waffen- und Drogenschmuggel oder Geldwäsche zu steuern. Die Behörde verfügt über Überwachungsgeräte und eine besondere Einsatzgruppe, außerdem kann das ZKA verdeckte Ermittler einsetzen und Bild- und Tonaufzeichnungen vornehmen.
Die drei Geheimdienste Deutschlands, Bundesamt für Verfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst und Militärischer Abschirmdienst, werden vom Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestags (PKGr) überwacht. Das Gremium, das aus Bundestagsabgeordneten besteht, muss von der Bundesregierung über die allgemeinen Tätigkeiten der Dienste unterrichtet werden. Auch über besondere Vorgänge müssen die Mitglieder des PKGr informiert werden. Sie können jedoch auch von sich aus Berichte anfordern und Nachrichtendienstmitarbeiter befragen. Das PKGr unterrichtet wiederum den Bundestag über seine Arbeit - muss sich dabei jedoch an strenge Geheimhaltungsvorschriften halten.
Das PKGr bestellt vier Mitglieder und vier Stellvertreter für die sogenannte G10-Kommission. Diese an keine Weisungen gebundene Kommission kann Kontrollbesuche bei den Diensten vornehmen, sie hat Zutritt zu allen Diensträumen und kann Einsicht nehmen in sämtliche Unterlagen und Dateien. Sie entscheidet darüber, ob Nachrichtendienste Überwachungsmaßnahmen durchführen dürfen, bei denen gegen das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis verstoßen wird. So muss etwa das Abhören eines Telefons von einem Nachrichtendienst beim Bundesinnenministerium beantragt werden und die G10-Kommission muss zustimmen. Das Gremium muss über die Umsetzung dieser Maßnahmen informiert werden und entscheidet, ob die Betroffenen anschließend über die Überwachung informiert werden.
Eine Kontrolle der Dienste findet auch über das sogenannte Vertrauensgremium, dem Mitglieder des Haushaltsausschusses des Bundestags angehören, statt: Das Gremium muss die geheimen Wirtschaftspläne der Dienste bewilligen. Schließlich überprüft der Präsident des Bundesrechnungshofs mit zwei weiteren Beamten die Haushalts- und Wirtschaftsführung der Dienste. Außerdem muss sich der Verfassungsschutz jedes Jahr in Form des für jeden verfügbaren Verfassungsschutzberichtes rechtfertigen.
Ob die Nachrichtendienste die Vorschriften für den Datenschutz einhalten, überwacht der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI).