G-7-Treffen:Lindner sagt Ukraine eine Milliarde Euro zu

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Als Gastgeber inmitten der G-7-Finanzminister und Notenbankgouverneure: Christian Lindner (vorne, 2. v. r.). (Foto: Thilo Schmuelgen/Reuters)

Die Finanzminister und Notenbankchefs der G-7-Länder verabreden auf dem Petersberg ein Hilfspaket für Kiew. Der Gastgeber geht voran.

Von Henrike Roßbach, Königswinter

Als eine kurze Pause entsteht zwischen zwei vorfahrenden Limousinen, wird der Minister von den wartenden Journalisten gefragt, wie es ihm denn so gefalle, auf dem Petersberg. "Was soll ich sagen", antwortet Christian Lindner süffisant, "ich bin ja der Verpächter." Das ehemalige Gästehaus der Bundesregierung sei schließlich noch Bundeseigentum, und natürlich sei es "exzellent", hier oben, "nur angesichts der Marktlage etwas zu günstig verpachtet".

Mein Grandhotel, mein roter Teppich, mein G-7-Treffen: Lindner hat an diesem Donnerstagmorgen erkennbar Freude an seiner Rolle. Die Finanzminister und Notenbankgouverneure der sieben wichtigsten Industriestaaten sind ins Rheinland gereist, und er ist der Gastgeber. Am Mittwochabend ging es los mit einem Dinner in Bonn, jetzt rollen im Minutentakt die schweren Autos vor. Als FDP-Chef musste Lindner vergangenes Wochenende die dritte vergeigte Landtagswahl in Folge einräumen, als Finanzminister aber ist er an diesem Tag oben auf.

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Mit Bundesbank-Präsident Joachim Nagel, der neben ihm steht, schüttelt er Hände, begrüßt auf Englisch und Deutsch und, im Fall von Christine Lagarde, der französischen Präsidentin der Europäischen Zentralbank, mit Küsschen links, Küsschen rechts. Die Notenbanker fahren vor, die Finanzminister kommen zu Fuß; sie sind direkt hier oben untergebracht, in Lindners Bundesbesitz mit Rheinblick.

Als Letzte kommt Janet Yellen, die amerikanische Finanzministerin. Mit klackernden Absätzen geht sie auf Lindner zu, vorbei an den Rhododendronbüschen, die genauso lila leuchten wie ihr Jackett. Für Lindner ist sie ein besonderer Gast. Auch weil die USA zu diesem Zeitpunkt das einzige Land sind, das schon eine Zusage gemacht hat für Lindners zentrales Projekt dieses Treffens: Ein 15-Milliarden-Euro Hilfspaket für die Ukraine soll geschnürt werden, 7,5 Milliarden Dollar steuert Amerika bei.

Lindner muss die Kollegen überzeugen, der Ukraine zu helfen

Vor dem ganzen Händeschütteln hat Lindner noch einmal klargemacht, worum es geht. "Wir müssen die internationale Finanzstabilität sicherstellen, insbesondere in Zeiten der Inflation", sagte er am frühen Morgen, was für sich genommen ja schon Aufgabe genug wäre. Aber da ist natürlich noch der Krieg in der Ukraine, weshalb der deutsche Gastgeber vor allem eines hinbekommen muss: seine Kollegen dazu bringen, Geld zu geben für das Hilfspaket.

Die 15 Milliarden hatte die Ukraine schon vor vier Wochen erbeten, um den Staatsbetrieb trotz kriegsbedingtem Wirtschaftseinbruch aufrechterhalten zu können. Am Donnerstag sollte der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal zur G-7-Runde geschaltet werden, um die Dringlichkeit zu verdeutlichen. Und Lindner will liefern. Die Ukraine kämpfe mit "beeindruckender Tapferkeit" für Frieden und ihre Freiheit, und verteidige auch die Werte der liberalen Demokratie. "Aus diesem Grund", so der Minister, "sehen wir uns gemeinsam auch in einer Verantwortung, die finanzielle Handlungsfähigkeit der Ukraine in diesem Moment zu sichern."

Am Mittag drapieren sich die Minister und Notenbankchefs auf der Hotelterrasse um eine liegende "G 7" herum, für das übliche Familienfoto. Unten fließt der Rhein vorbei, während oben Lindner offenbar angeregt mit seinem britischen Kollegen Rishi Sunak parliert. Erst als die Fotografen "Everyone look up" rufen, unterbricht er sein Gespräch kurz und blickt in die Kameras.

In Berlin setzen sich zu diesem Zeitpunkt die Haushaltspolitiker zusammen. Die Bereinigungssitzung steht an, das finale Zusammenfummeln des Bundeshaushalts, das in der Regel bis in den frühen Morgen dauert. Auch der deutsche Anteil am Milliardenpaket für die Ukraine muss eingepflegt werden, quasi in Echtzeit, vom Petersberg ins Paul-Löbe-Haus.

Um kurz vor 16 Uhr am Nachmittag meldet der Minister schließlich Vollzug. Nicht für das gesamte Paket, aber dass Deutschland eine Milliarde Euro geben wird, das steht jetzt fest. Vor der blauen G-7-Wand, auf der anderen Seite des roten Teppichs, sagt Lindner dann noch, dass er im Lauf des Tages mit weiteren Fortschritten rechne. Dann ist er wieder weg. Der Minister hat zu tun.

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