EU-Flüchtlingspolitik:Frontex-Chef Leggeri tritt zurück

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Frontex-Chef Fabrice Leggeri ist zurückgetreten. (Foto: Petras Malukas/AFP)

Der Direktor der europäischen Grenzschutzbehörde steht seit Längerem in der Kritik. Seine Leute sollen an illegalen Pushbacks von Geflüchteten im Mittelmeer beteiligt gewesen sein.

Von Kassian Stroh

Der umstrittene Chef der europäischen Grenzschutzbehörde Frontex ist zurückgetreten. Das hat Fabrice Leggeri am Donnerstag in einem Brief dem Verwaltungsrat der Agentur angeboten, das Schriftstück liegt der Süddeutschen Zeitung vor. Das Aufsichtsgremium, das am Freitag zusammentrat, um über Leggeris Zukunft zu befinden, teilte am Abend mit, der Rücktritt erfolge mit sofortiger Wirkung. Hintergrund sind schwere Vorwürfe im Zusammenhang mit dem Umgang mit Flüchtlingen im Mittelmeer.

Leggeri habe im Aufsichtsgremium zuletzt kaum noch gehabt Unterstützung gehabt, berichtet der Spiegel. Das Magazin Politico schreibt zudem, dass der Rücktritt auch unter dem Druck von Ermittlungen der EU-Antikorruptionsbehörde Olaf erfolge, die kurz vor dem Abschluss stünden. Diese untersucht mögliches Fehlverhalten bei Frontex.

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Die EU-Staaten sind sich einig, dass Europas Außengrenzen mehr geschützt werden sollen. Eine Schlüsselrolle hat Frontex - gegen die EU-Grenzschutzagentur werden aber massive Vorwürfe erhoben.

An Leggeri gab es seit Langem heftige Kritik, auch weil Frontex an sogenannten Pushback-Aktionen der griechischen Küstenwache beteiligt gewesen sein soll. Bezeichnet wird damit die Zurückweisung von Geflüchteten an der Grenze, ohne dass sie einen Asylantrag stellen können. Das ist nach internationalem Recht verboten. Im Fall der Ägäis sollen die Migranten auf dem Meer ausgesetzt worden sein. Laut einem Spiegel-Bericht halfen Frontex-Beamte dabei. Leggeri soll mindestens einen Fall zu vertuschen versucht haben. Er wies die Vorwürfe zurück.

Der Franzose leitet Frontex seit dem Jahr 2015, in dieser Zeit ist Frontex deutlich größer und mächtiger geworden. Vor dem Hintergrund zunehmender Fluchtbewegungen hatte die EU große Hoffnungen in eine größere und stärkere Grenzwache gesetzt. Andererseits kritisieren Menschenrechtsorganisationen seit Langem, Frontex sei intransparent und vernachlässige den Grundrechtsschutz.

Die Sozialdemokraten im Europäischen Parlament begrüßten den Rücktritt als "überfällig". Sie werfen Leggeri jahrelanges Missmanagement von Frontex vor; er habe das Ansehen der Agentur schwer beschädigt und dem Parlament nicht die Wahrheit gesagt, kritisierte die zuständige Sprecherin der Fraktion, die SPD-Abgeordnete Birgit Sippel. Die Vorwürfe gegen Frontex müssten weiter aufgeklärt werden. Auch Grüne und Linke kritisierten Frontex.

Die Vorsitzende des Frontex-Kontrollgremiums im Europaparlament, Lena Düpont (CDU), erklärte am Freitag, man nehme die Entscheidung "zur Kenntnis". Sie rief alle beteiligten Parteien auf, "jetzt für die rasche und reibungslose Arbeitsfähigkeit der Agentur einzustehen".

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