Frankreich:Auf den Hund gekommen

Lesezeit: 2 min

Valérie Pécresse ist angeblich auch mit Fake-Stimmen zur Präsidentschaftskandidatin ihrer Partei gewählt worden. (Foto: Aurelien Morissard/Imago)

Den französischen Républicains wird vorgeworfen, Fake-Mitglieder in ihrer Parteiliste zu haben. Sie wären nicht die erste Partei mit diesem Problem.

Von Kathrin Müller-Lancé, München

Es gibt ein neues Skandälchen um die konservative Partei Les Républicains und deren Präsidentschaftskandidatin Valérie Pécresse. Diesmal geht es nicht um Reinigungsgeräte der Firma Kärcher, deren Name immer mal wieder als Synonym für politische Aufräumaktionen herhalten muss, sondern um die Vorwahl, die die Républicains Ende des vergangenen Jahres abgehalten haben.

Damals stimmte eine Mehrheit der Mitglieder für Pécresse als Kandidatin. Die linke Tageszeitung Libération hat im Nachhinein herausgefunden, dass unter den Parteimitgliedern mit Stimmrecht auch tote und fiktive Personen und sogar ein Hund registriert gewesen sein sollen. Ob die Fake-Mitglieder tatsächlich gewählt haben, lässt sich allerdings nicht mehr feststellen. Die Partei hat das Wählerverzeichnis längst ordnungsgemäß vernichtet.

Trotzdem sorgte die Nachricht erwartungsgemäß für Stimmung im Wahlkampf. Der rechtsextreme Kandidat Éric Zemmour spottete auf Twitter, Pécresse habe mit dem Wahlrecht für Hunde den Traum der Tierschutzpartei wahr werden lassen. Die Kandidatin der Tierschutzpartei sah sich genötigt, das richtigzustellen: Sie twitterte zurück, das sei überhaupt kein Anliegen ihrer Partei.

SZ PlusFrankreich
:Lügen, um besser hassen zu können

Politiker verlieren wegen Éric Zemmour die Nerven, Historiker starten den Gegenangriff: Sie widerlegen das aus Unwahrheiten gedrechselte Geschichtsbild des rechtsradikalen Kandidaten.

Von Nadia Pantel

Ob der Hund, der in dem Zeitungsbericht den schönen Namen Douglas trägt, nun abgestimmt hat oder nicht: Die französischen Républicains sind nicht die erste Partei, die wegen angeblicher Fake-Mitglieder in die Schlagzeilen geraten ist. 2017 gab es einen Fall von sonderbaren Mitgliedschaften bei den Konservativen in Kanada. Die Partei fand heraus, dass die Beiträge von mehr als 1000 Mitgliedern nicht wie vorgesehen von einzelnen Personen, sondern von zwei anonymen IP-Adressen aus bezahlt wurden. Die Mitgliedschaften wurden daraufhin aufgehoben.

In Großbritannien warf der Mirror 2019 Nigel Farage vor, dass auch Fake-Mitglieder für seine Brexit-Partei spenden konnten. Das Boulevardblatt hatte herausgefunden, dass über Paypal auch ausländische Personen mühelos Geld überweisen konnten, die nach britischem Recht eigentlich nur eingeschränkt für Parteien spenden dürfen.

Alle Nachrichten im Überblick
:SZ am Morgen & Abend Newsletter

Alle Meldungen zur aktuellen Situation in der Ukraine und weltweit - im SZ am Morgen und SZ am Abend. Unser Nachrichten-Newsletter bringt Sie zweimal täglich auf den neuesten Stand. Hier kostenlos anmelden.

Und dann ist da natürlich noch der Fall der Hündin Lima, die die Bild in Deutschland in den SPD-Mitgliederentscheid über die große Koalition eingeschleust hatte. 2018 war das. "Dieser Hund darf über die Groko abstimmen", titelte die Zeitung damals, daneben das Foto der etwas konsterniert dreinblickenden Hundedame.

Die SPD reichte Beschwerde beim Presserat ein, dieser missbilligte die Aktion im Nachhinein. Die Zeitung hatte in ihrem Artikel nicht erwähnt, dass die Abstimmenden vor dem Entscheid eine eidesstattliche Erklärung abliefern mussten und es damit durchaus einen Sicherungsmechanismus gegen Manipulation gab.

Auch in Frankreich wehren sich die Républicains nun gegen den Eindruck, sie hätten einen Hund bei der Vorwahl abstimmen lassen. Die Partei nennt die Recherche der Libération in einer Pressemitteilung eine "Pseudo-Untersuchung", die nicht zwischen den formellen Parteimitgliedern und jenen unterscheide, die tatsächlich abgestimmt hätten. In der Region, in der der Hund angeblich wohne, habe auch niemand mit dem Namen Douglas wählen dürfen. Die Zeitung verteidigt sich, sie habe nie behauptet, dass der Hund tatsächlich seine Stimme abgegeben habe. Außerdem habe die Redaktion, das sei im Artikel auch nachzulesen gewesen, den Namen des Hundes geändert. Man habe dem Besitzer Anonymität zugesichert.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusFrankreich
:Die Frau, die Macron stürzen will

Valérie Pécresse hält in Paris ihr erstes großes Kampagnen-Meeting ab. Die konservative Kandidatin setzt auf rechte Identitätspolitik - und hat bei der Präsidentschaftswahl im April gute Chancen.

Von Nadia Pantel

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: