Frankreich:Hunderte Festnahmen bei erneuten Ausschreitungen

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Ein Feuerwehrmann löscht ein brennendes Auto. Insgesamt war die vergangene Nacht ruhiger als die Nächte zuvor. (Foto: Pascal Rossignol/Reuters)

Auch in der fünften Nacht nach dem Tod eines 17-Jährigen durch die Polizei ist es in französischen Städten zu gewaltsamen Protesten gekommen. Insgesamt wurden mehr als 700 Menschen festgenommen.

Auch in der fünften Nacht nach dem Tod eines Jugendlichen durch einen Polizisten ist es in Frankreich zu Ausschreitungen gekommen - allerdings waren es weniger als zuvor. Vor allem in Paris, Marseille und Lyon, aber auch in Nizza und Straßburg kam es erneut zu Krawallen, Plünderungen und Sachbeschädigungen.

In Marseille feuerte die Polizei Tränengas und lieferte sich bis spät in die Nacht Straßenkämpfe mit Jugendlichen im Zentrum der Stadt. In Paris wurde die Champs Élysées mit einem großen Polizeiaufgebot unter Einsatz von Tränengas geräumt, berichten französische Medien. In Nanterre, wo der 17-Jährige am Samstagnachmittag beigesetzt wurde, war es ruhig geblieben.

Mindestens 719 Menschen wurden festgenommen, wie das Innenministerium auf Twitter meldet. 45 Polizisten seien bei den Ausschreitungen verletzt worden, heißt es weiter. In den frühen Morgenstunden hatte Innenminister Gérald Darmanin bereits von mindestens 427 Festnahmen berichtet. Trotz allem sei die Nacht "dank des entschlossenen Vorgehens der Ordnungskräfte" ruhiger gewesen.

45 000 Polizisten und Tausende Feuerwehrleute waren im Einsatz

Premierministerin Élisabeth Borne lobte die Einsatzkräfte: Angesichts der Gewalttätigkeiten zeigten sie beispielhaften Mut, schrieb sie auf Twitter. 45 000 Polizisten und Tausende Feuerwehrleute seien im Einsatz gewesen, um die Ordnung zu schützen.

Auslöser für die Unruhen war der Tod eines Jugendlichen durch einen Polizisten am Dienstag. Der 17-Jährige war in Nanterre am Steuer eines Autos von einer Motorradstreife gestoppt worden. Als der junge Mann plötzlich anfuhr, fiel ein tödlicher Schuss aus der Dienstwaffe eines Polizisten. Der Jugendliche wurde am Samstag beigesetzt. Der Polizist, der für seinen Tod verantwortlich gemacht wird, kam in Untersuchungshaft. Gegen ihn wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Totschlags eingeleitet.

Der Vorfall hatte eine Welle der Gewalt in Frankreich ausgelöst. In der Nacht zu Samstag waren laut Innenministerium mehr als 1300 Menschen festgenommen worden, 406 davon allein in Paris. 79 Polizisten wurden verletzt.

Wegen der Unruhen hat Präsident Macron am Samstag seinen Staatsbesuch in Deutschland abgesagt. Es wäre der erste Staatsbesuch eines französischen Präsidenten in Deutschland seit 23 Jahren gewesen. Doch die innenpolitische Lage zwingt Macron, in Frankreich zu bleiben.

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Auch mehrere Konzerte, Modenschauen und andere Kulturveranstaltungen wurden in Frankreich abgesagt. Busse und Straßenbahnen fahren derzeit nur tagsüber, der Verkauf und das Mitführen von Feuerwerkskörpern und brennbaren Stoffen wurden verboten. Den nationalen Notstand rief die Regierung allerdings bislang nicht aus, auch Ausgangssperren wurden nur vereinzelt in kleineren Orten verhängt.

Das Auswärtige Amt hatte am Samstag seine Reise- und Sicherheitshinweise angesichts der Ausschreitungen aktualisiert. Reisende wurden aufgefordert, sich über die jeweilige Lage zu informieren und weiträumig Orte gewalttätiger Ausschreitungen zu meiden. Zudem sollten je nach Reiseziel deutliche Einschränkungen bei der Programmgestaltung einkalkuliert werden, vor allem in den Abend- und Nachtstunden.

© SZ/dpa/mcs - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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