Frankreich:Wie Macron sein Land durch die "neue Epoche" führen will

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Wie gerufen für den Präsidenten kam am Donnerstag die Nachricht, dass die Kaufkraft der Franzosen in den ersten fünf Macron-Jahre gestiegen ist. (Foto: Christian Hartmann/dpa)

Der französische Präsident stellt sein Wahlprogramm vor, er will aufrüsten, nicht nur militärisch. Das Ziel: ein unabhängiges Frankreich in einem stärkeren Europa.

Von Thomas Kirchner

Emmanuel Macron geht den Präsidentschaftswahlkampf lässig an. Er kann es sich leisten, die Umfragen sehen ihn deutlich in der Führung, mit einem Vorsprung von zwölf Prozentpunkten zu seinen Rivalen. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird er die Stichwahl am 24. April erreichen. Erst am dritten März verkündete der Amtsinhaber seine Kandidatur und ließ danach zwei Wochen verstreichen, in denen er nur vage und eher summarisch Andeutungen machte, wie er Frankreich regieren würde in seinem zweiten "Quinquennat" an der Spitze des Landes.

Am Donnerstag wurde Macron nun endlich konkret. In Aubervilliers, vor den Toren der Hauptstadt, stellte er sein Programm vor. In einer betont nüchternen Pressekonferenz, ohne Musik, ohne Pomp. Umso eindringlicher fiel seine kurze Skizze der "neuen Epoche" an, in der die Welt nun lebe. Das "Tragische" sei zurückgekehrt in die Politik, und das nicht erst durch den Ukraine-Krieg. Man stecke mitten in großen Umwälzungen, beim Klima, der Demografie, der Technik, und vor allem auch in der Demokratie. Die Antwort auf all dies dürfe aber nicht in einer Art "Nostalgie" liegen, einer Rückkehr zur guten alten Zeit, wie sie einigen Konkurrenten an den politischen Rändern vorschwebt. Nötig sei, den Herausforderungen voll Vertrauen in den Fortschritt zu begegnen, technisch wie gesellschaftlich.

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In den Vordergrund stellte Macron, wie schon während seiner ganzen Amtszeit, den Willen, ein "unabhängigeres Frankreich in einem stärkeren Europa" zu erreichen. Das gelte auf allen Ebenen: Die Unternehmen müssten wettbewerbsfähiger werden, unter anderem sollen 30 Milliarden Euro in Zukunftstechnologien fließen. Die Landwirtschaft müsse mehr Produkte im eigenen Land herstellen. Energiepolitisch sollen neue Atomkraftwerke und ein Ausbau der Erneuerbaren die Unabhängigkeit stärken. Frankreich könne das erste große Land sein, das ohne fossile Energie auskomme. Macron deutete an, dass einige Schlüsselbereiche der Energiewirtschaft in staatliche Hand kommen müssten. Die Preisbildung müsse sich ändern, vor allem beim Strom. Und die Armee solle flexibler werden, um einen jener "Kriege von hoher Intensität" führen zu können, die Europa drohten. Bis 2025 soll der Verteidigungshaushalt von derzeit knapp 41 auf 50 Milliarden Euro steigen.

Auch auf kultureller Ebene will Macron aufrüsten. Es gelte, die Freiheit der Information zu schützen; man sehe derzeit, wie zentral das in der Zukunft sein werde. Ein "europäisches Metaverse" müsse errichtet werden, sagte der Präsident in Anlehnung an den neuen Namen von Facebook, um nicht länger abhängig zu sein von amerikanischen und chinesischen Großkonzernen. Zusätzlich plant der Franzose mehr Geld für die Universitäten und eine umfassende Bildungsreform.

Was Lohn und Beschäftigung betrifft, habe er geliefert in der ersten Amtszeit, sagte Macron. Die Steuern seien gesunken, die Beschäftigung gestiegen. Klar sei aber auch: "Wir müssen länger arbeiten." Das Rentenalter soll von derzeit 62 auf 65 Jahre erhöht werden - eine der Baustellen, die er bisher liegen lassen musste. Zusätzlich will Macron die Arbeitsvermittlung neu organisieren und Vollbeschäftigung erreichen. Arbeitslosenhilfe so umgestaltet werden, dass die Anreize zur Rückkehr in den Beruf erhöht werden.

Wie gerufen für den Präsidenten kam am Donnerstag die Nachricht, der zufolge die Kaufkraft der Franzosen insgesamt während der ersten fünf Macron-Jahre gestiegen ist. Laut einer Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts OFCE sind die mittleren Einkommen die klaren Gewinner, die von Steuererleichterungen und Transferzahlungen profitiert haben. Allerdings sei es nicht gelungen, den Unterschied zwischen den Ärmsten und den Reichsten im Land zu verringern.

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Und dann gibt es noch ein Thema, das anzugehen Macron wohl gut beraten ist: die fehlende Volksnähe, das "Jupiter"-Image vom abgehobenen Präsidenten. Hier will Macron auf das Format der Bürgerdialoge zurückgreifen, die er nach den Protesten der Gilets Jaunes einführte. Jener "grand débat" soll eine Dauerveranstaltung werden.

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