Frankreich:Lehrer stirbt nach Messerattacke an Schule

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Polizisten und Rettungssanitäter am Lycée Gambetta im nordfranzösischen Arras. (Foto: Pascal Rossignol/Reuters)

Der junge Tschetschene soll "Allahu Akbar" gerufen haben, als er den Gymnasiallehrer ermordete und zwei Personen schwer verletzte. Seine Tat befeuert die Angst vor einem Überschwappen des Nahost-Konflikts.

Von Oliver Meiler, Paris

Die Angst kehrt zurück nach Frankreich. Ein 20-jähriger tschetschenischer Mann hat am Freitagmorgen mit zwei Messern auf mehrere Personen in einem Gymnasium im Stadtzentrum von Arras im nordfranzösischen Département Pas-de-Calais eingestochen. Ein Französischlehrer erlag seinen Verletzungen, ein Mitarbeiter der Schulmensa und ein weiterer Lehrer des Lycée Gambetta sind schwer verletzt worden. Die Antiterrorbehörde, Parquet national antiterroriste, hat sich eingeschaltet: Ihre Ermittler gehen also zunächst davon aus, dass es sich bei der Tat um einen Terroranschlag gehandelt hat.

Schüler kamen bei dem Anschlag nicht zu Schaden. Sie waren während der Attacke in ihren Klassenzimmern geblieben, weil ein für solche Fälle eingerichteter Alarm ertönt war. Der mutmaßliche Attentäter, so berichteten es die französischen Medien, soll "Allahu Akbar", Gott ist groß, gerufen haben, als er zur Tat schritt. Die Polizei verhaftete ihn sowie einen seiner Brüder. Der Bruder, drei Jahre jünger, soll sich auf dem Weg zu einer anderen Schule befunden haben, als er verhaftet wurde.

Der Täter stand unter Beobachtung

Der Angreifer stand auf der Liste S der Sûreté de l'État (Staatssicherheit), er war der Polizei als möglicher Gefährder bekannt; er galt als radikalisiert. Seit vergangenem Sommer hörten die Fahnder der Direction Générale de la Sécurité intérieure, des Inlandgeheimdienstes der französischen Regierung, seine Telefongespräche ab. Sie schauten auch regelmäßig bei ihm vorbei, um ihn zu kontrollieren - zum letzten Mal am Donnerstag, dem Tag vor der Tat. Doch es gab offenbar kein rechtliches Motiv, das eine Verhaftung gerechtfertigt hätte.

Der Tatverdächtige ist ein ehemaliger Schüler des Gymnasiums Gambetta. Einer seiner Lehrer, der ihn vor drei Jahren in der Schlussklasse im Unterricht hatte, beschrieb ihn auf BFM TV als "reserviert" und "ruhig". Der mutmaßliche Täter war sechs Jahre alt, als seine Familie aus Tschetschenien nach Frankreich zog, die französische Staatsbürgerschaft erhielt er nicht, die Asylgesuche der Familie sind abgelehnt worden.

Die Zeitung Le Parisien berichtet exklusiv, der Vater sei vor einigen Jahren nach Russland ausgewiesen worden, die Kinder blieben mit der Mutter in Frankreich, sie lebten in prekären Verhältnissen. Der älteste Bruder des Täters von Arras wurde 2019 verhört, weil er einer islamistischen Gruppe angehörte, die einen Anschlag auf den Elysée-Palast geplant haben sollen. Er trug eine Weile elektronische Fussfesseln, dann kam er wieder ganz frei.

Der Vorfall erinnert an den Mord von Samuel Paty

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron reiste kurz nach Bekanntwerden der Tat nach Arras. Am Donnerstagabend hatte Macron in einer Rede an die Nation zur nationalen Einheit aufgerufen: Die Franzosen fürchten sich vor einem Überschwappen des Konflikts im Nahen Osten auf ihr Land. Bislang gibt es jedoch keine konkreten Hinweise darauf, dass der mutmaßliche Attentäter von Arras sich auf den Krieg in Israel und Gaza berief.

Der Vorfall erinnert die Franzosen an den Mord an dem Geschichts- und Geografielehrer Samuel Paty in Éragny bei Paris am 16. Oktober 2020. Auch Paty war von einem jungen Tschetschenen getötet worden.

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