Vier Monate danach, auf den Tag genau. Am Mittwoch hat Frankreich der 42 Landsleute gedacht, die beim Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober im Süden Israels getötet wurden. Präsident Emmanuel Macron entschied sich für den Rahmen einer "Hommage national" im Hof des Hôtel des Invalides, da, wo die Franzosen ihre Gefallenen ehren, die Soldaten, aber auch die Terroropfer. Mitglieder der Republikanischen Garde trugen große Porträtbilder der Opfer in den Ehrenhof, jeder eines, vor die drei Tribünen mit prominenten Gästen - und Angehörigen der Opfer. Viele von ihnen waren aus Israel angereist. Paris ließ sie einfliegen, damit sie die Nähe ihrer Heimat körperlich spüren konnten. Ein Pianist und ein Violinist spielten dazu "Le Kaddish" von Maurice Ravel.
42 von 1160 Todesopfern des 7. Oktobers waren also Franzosen. Neben Israel ist kein anderes einzelnes Land stärker getroffen worden von dieser "Barbarei" als Frankreich, wie Macron in seiner Rede sagte. "68 Millionen Franzosen sind in Trauer." Das Land bleibe eins, es lasse sich nicht auseinanderdividieren. "Nichts rechtfertigt diesen Terrorismus, gar nichts."
In diesem Satz, den Macron mit Nachdruck betonte, schwang auch eine Kritik an die Adresse jener mit, die den Terror der Hamas schon kurz nach dem Angriff relativierten und die Gruppe auch später nicht als "terroristisch" bezeichnen mochten - vor allem ein Teil der extrem linken Partei La France Insoumise von Jean-Luc Mélenchon. Opfervereinigungen forderten deshalb, deren Parlamentarier von der Gedenkveranstaltung auszuschließen; ihre Präsenz würden sie als "Beleidigung" empfinden. Doch das republikanische Protokoll, wie es seit 1989 festgeschrieben steht, sieht ausdrücklich vor, dass alle Mitglieder des Parlaments an solchen Ereignissen ein Teilnahmerecht haben. Und so fand sich auch eine Delegation der Insoumis im Ehrenhof ein.
Sühne für eine verpasste Chance
Das Amt des Staatspräsidenten wollte die Hommage als Zeichen gegen den Antisemitismus verstanden wissen, der auch in Frankreich zugenommen hat. Das Élysée hob hervor, dass es in keinem anderen Land als Israel bisher eine offizielle Gedenkveranstaltung für die Opfer des 7. Oktobers gegeben habe. Für Macron persönlich war es eine Gelegenheit, ein Versäumnis wiedergutzumachen: Am vergangenen 12. November, als in Paris Zehntausende gegen den Antisemitismus marschierten - auch zwei ehemalige Präsidenten der Republik, Nicolas Sarkozy und François Hollande -, war der amtierende Staatschef nicht dabei. Wohl aus Sorge um politische Ausgewogenheit in einem Land, in dem eine große jüdische und eine große muslimische Gemeinde leben. Sein Fernbleiben wird ihm als Fehler ausgelegt, als verpasste Chance.
Einmal mehr wiederholte Macron nun in seiner Rede, jedes Leben sei gleich viel wert. Gemeint war: jedes Leben in Israel und in Gaza. Zu einem späteren Zeitpunkt soll auch der französischen Opfer von Gaza gedacht werden, die unter den Bomben des israelischen Gegenschlags gestorben sind. Wann und wie, das ist allerdings noch nicht bekannt.