Flüchtlinge:Merkel gegen die CSU

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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am 20.11.2015 auf dem CSU-Parteitag in München während der Rede des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU). (Foto: dpa)

Provokateur Seehofer will eine Obergrenze für Flüchtlinge, Merkel nicht. In Wildbad Kreuth treffen die Parteichefs wieder aufeinander.

Von Nico Fried, Berlin

Kurz vor ihrem Besuch der Klausurtagung der CSU-Landesgruppe in Wildbad Kreuth hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine Obergrenze für Flüchtlinge erneut abgelehnt. Merkel nimmt damit in Kauf, dass ihr Empfang bei der Schwesterpartei ähnlich frostig verlaufen könnte wie beim CSU-Parteitag im November in München.

CSU-Chef Horst Seehofer hatte den seit Monaten zwischen ihm und Merkel anhaltenden Streit in der Flüchtlingspolitik am Wochenende erneut eskaliert, indem er erstmals eine konkrete Zahl für die von der CSU geforderte Obergrenze des Flüchtlingszuzugs nannte. Sie soll nach Ansicht Seehofers bei 200 000 neu ankommenden Flüchtlingen und Asylbewerbern pro Jahr liegen.

Merkel freut sich trotzdem auf ihren Besuch in Wildbad Kreuth

Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Montag: "Dieses ist nicht die Position der Bundeskanzlerin. Eine Begrenzung der Flüchtlingszahlen lässt sich nach unserer Überzeugung nicht im nationalen Alleingang erreichen." Die Flüchtlingskrise sei ein europäisches Problem. Sie könne und müsse europäisch gelöst werden. Als Maßnahmen dafür nannte Seibert die Solidarität der Mitgliedstaaten, Kontingente für die Aufnahme von Flüchtlingen in den einzelnen Mitgliedsländern beziehungsweise in der EU insgesamt, sogenannte Hotspots für eine frühzeitige Registrierung der Flüchtlinge in den wichtigsten Erstankunftsstaaten Italien und Griechenland, die Bekämpfung von Fluchtursachen sowie die effiziente Kontrolle der EU-Außengrenzen.

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Der Zuzug von "höchstens 200 000 Asylbewerbern" pro Jahr ist nach Meinung des CSU-Chefs verkraftbar.

"All das soll dazu führen, dass wir aus illegaler Migration legale Migration machen, und dass wir die Zahl derjenigen, die bei uns ankommen, dauerhaft und spürbar verringern", sagte Seibert. Trotz der Meinungsverschiedenheiten freue sich die Bundeskanzlerin auf die Begegnung und die Diskussion mit der CSU-Landesgruppe: "Die Positionen sind bekannt und das Gespräch in Kreuth wird wie immer ein offenes sein."

Nur wenig Zustimmung für Seehofer in der CDU

In der CDU, die auf ihrem Parteitag im Dezember den Kurs der Kanzlerin in der Flüchtlingspolitik nahezu einstimmig unterstützt hatte, gibt es nur vereinzelte vorsichtige Unterstützer Seehofers. Der baden-württembergische CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf sagte der Nachrichtenagentur dpa : "Wir sind uns einig, dass wir die Flüchtlingszahlen schnell reduzieren müssen. Die Zahl von 200 000 kann dabei ein erstrebenswertes Ziel sein." Er ergänzte: "Dennoch lenkt die Diskussion über Obergrenzen von den wirklichen Problemen ab. Es gilt, viel früher anzusetzen und Fehlanreize zu beseitigen."

Die Opposition äußert weiter Kritik an Seehofers Vorstoß. Die Grünen-Chefin Simone Peter bezeichnete eine Obergrenze als praktisch nicht realisierbar: "Wenn man überhaupt Grenzen schließen will, dann müsste man Mauern aufbauen, Zäune aufbauen, müsste am Ende einen Schießbefehl auslösen."

© SZ vom 05.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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