FDP-Parteitag:Wer einen Vogel hat

Lesezeit: 2 min

Dem Vorsitzenden wachsen Schwingen: Christian Lindner auf dem FDP-Parteitag, ein Vogelküken im Hintergrund. (Foto: IMAGO/IMAGO/Mike Schmidt)

Die Liberalen machen ein Adlerküken zum Symbol ihres Parteitags. Der kommt nicht bei allen Delegierten gut an.

Von Paul-Anton Krüger, Berlin

Zeitweise sah Christian Lindner am Samstag bei seiner Parteitagsrede so aus, als wolle er gleich abheben. Das lag nicht am Inhalt oder daran, wie engagiert sein Vortrag ausfiel, sondern an der grafischen Inszenierung der Veranstaltung. Hinter ihm prangte ein graues Adlerküken auf der magentafarbenen Videoleinwand - ein Verschnitt zwischen dem wegen seiner Ausmaße despektierlich "fette Henne" genannten Wappentier aus dem Plenarsaal des Bundestags im Reichstagsgebäude und einer Figur, wie sie in einem der frühen Pixar-Animationsfilme hätte herumlaufen können. Dem Chef der Liberalen schienen auf den Fernsehbildern und Agenturfotos Schwingen aus den Schultern zu wachsen.

Mehr noch als der Leitantrag zur Wirtschaftswende oder der Zustand der Ampelkoalition war der Vogel mit dem orangefarbenen Schnabel und den schwarzen Knopfaugen Gesprächsgegenstand bei den Delegierten. "Niedlich" war noch die freundlichste Bewertung, aber niedlich will die FDP ja eigentlich auch nicht rüberkommen. Wer sich das denn ausgedacht habe, war eine häufig zu hörende Frage, die auch an das Führungspersonal der Liberalen gerichtet wurde. Oder was die Partei damit zum Ausdruck bringen wolle, zumal auch der Slogan nicht so recht zünden mochte.

Aus Wachstum wird "Wachstun"

"Wachstum made in Germany" lautete das Motto des Liberalen-Treffens diesmal, das "m" in Wachstum wackelte auf der Videowand, um sich dann in ein "n" zu verwandeln. Wachstun stand dann da, was wohl an "was tun" gemahnen sollte. "Nichtstun ist absolut ausgeschlossen", hatte Lindner in seiner Rede gesagt.

Das Wortspiel fanden auch nicht alle wirklich gelungen, von "Wachstuch" frotzelte jemand. Aber noch weniger konnten sich die Freien Demokraten mit dem juvenilen grauen Greifen anfreunden, der da nach dem Wechselbuchstaben mitten im Slogan nistete.

Ausgedacht hat sich den Adler und auch den Claim die Agentur Heimat, die seit neun Jahren den optischen Auftritt der Freien Demokraten und auch ihre Wahlkampagnen entwirft. Und manche bei den Freien Demokraten fragen sich, ob das noch so genial funktioniert, wie vor ein paar Jahren. Die Schreifarbe Magenta und die ungewöhnlichen Slogans halfen mit, den Liberalen 2017 den Weg zurück in den Bundestag zu ebnen.

Jetzt finden manche Delegierte, der Adler sei das Albernste, seit Guido Westerwelle sich in Gelb die Zahl 18 auf die Schuhsohle schreiben ließ und sich damit ins Fernsehen setzte. "Wächst der noch?", ätzte ein führender FDP-Mann. "Oder hebt er ab, wenn wir den Leitantrag beschlossen haben?"

Andere haben sich das Viech aufs Handy geladen und sich einen Spaß daraus gemacht, es mit künstlicher Intelligenz zu bearbeiten. Das Kindchenschema der Vorlage scheint jedenfalls niemanden besonders milde gestimmt zu haben bei diesen Umgestaltungsversuchen. Immerhin werde über die Kampagne geredet, findet eine Liberale, zu deren Geschäftsbereich auch die Kommunikation gehört. Mit der Wirtschaftswende, um die es auf dem Parteitag vor allem ging, hat es ja auch geklappt, sich wieder ins Gespräch zu bringen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusFDP-Parteitag
:Atomkraft als Ventil für den Ampel-Frust

Der FDP-Parteitag ist brav auf Lindner-Linie. Doch bei der Kernkraft droht plötzlich Gefahr.

Von Bastian Brinkmann und Paul-Anton Krüger

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: