Liberale:Doch keine leichte Wahl

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Der Wirtschaftsexperte Frank Schäffler stört am Dienstag den liberalen Betriebsablauf. (Foto: Christoph Hardt/Imago)

Die Abstimmung über die FDP-Fraktionsspitze im Bundestag verläuft spannender als gedacht: Frank Schäffler wirft plötzlich seinen Hut in den Ring.

Von Henrike Roßbach, Berlin

Die meisten FDP-Parlamentarier dürften auf einen unspektakulären Sitzungsverlauf eingestellt gewesen sein, als sie am Dienstagnachmittag zur Fraktionssitzung erschienen. Die turnusgemäße Neuwahl des Fraktionsvorstands stand an, pünktlich zur Halbzeit der Legislaturperiode, aber Überraschungen waren eher keine zu erwarten. Dass es eine Neubesetzung geben würde, war klar, weil der bislang für Außenpolitik zuständige Fraktionsvize Alexander Graf Lambsdorff im August als neuer Botschafter nach Moskau gewechselt war. Doch weil fraktionsintern bereits Einigkeit bestand, wer ihm nachfolgen würde - der bisherige europapolitische Sprecher Michael Link - versprach auch dieser Wechsel wenig Aufregung.

Dann aber verursachte - wieder einmal - der Wirtschaftsexperte Frank Schäffler Störungen im Betriebsablauf: In einer Chatgruppe, in der sich ein Teil der Fraktion zusammengeschlossen hat, kündigte er wenige Stunden vor der Sitzung an, gegen Lukas Köhler für den Stellvertreterposten im Bereich Wirtschaft, Klima, Energie, Arbeit und Soziales zu kandidieren. Pikant ist das unter anderem deshalb, weil Köhler derjenige war, der für die FDP den Kompromiss zum Heizungsgesetz ausgehandelt hat - das Schäffler monatelang massiv bekämpft hatte, bevor er dem erzielten Kompromiss am Ende im Bundestag doch zustimmte.

Wie bewertet die FDP-Fraktion Schäfflers Vorgehen?

Gewonnen hat Schäffler die Abstimmung am Dienstag dann zwar nicht; er kam auf knapp 33 Prozent. Allerdings schaffte er es, dass Köhler in einen zweiten Wahlgang musste und auch dort mit knapp 61 Prozent kein berauschendes Ergebnis erzielte. Dieses Schicksal teilt Köhler jedoch mit weiteren Kandidaten, die wie er zum eher progressiven, durchaus ampelaffinen Teil der Fraktion gehören: Gyde Jensen, Fraktionsvize für Bildung und Familie, kam bei ihrer Wiederwahl nur auf knapp 63 Prozent, Johannes Vogel, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer, auf gut 65 Prozent und der Parlamentarische Geschäftsführer Stephan Thomae auf knapp 64 Prozent. Letzterer musste, genau wie Köhler, in einen zweiten Wahlgang, obwohl er nicht einmal einen Gegenkandidaten hatte.

Allerdings mussten die Kandidaten, um schon im ersten Wahlgang gewählt zu werden, 50 Prozent aller Abgeordneten der Fraktion für sich gewinnen - nicht nur 50 Prozent der Anwesenden. Bei nur 92 Fraktionsmitgliedern wiegt dann jeder krankheitsbedingt abwesende Parlamentarier entsprechend schwer.

Am Tag danach schreibt Köhler auf der Plattform X, er freue sich über die Wiederwahl als stellvertretender Vorsitzender "und darüber, dass ich diese im Wettbewerb erreichen durfte. Danke, lieber @f_schaeffler, für deine Kandidatur und dass du der Fraktion eine Auswahl ermöglicht hast".

Die Abstimmungen zeigen, was die Liberalen trennt

Aus der Fraktion sind nach der Vorstandswahl aber auch Stimmen zu hören, die Schäffler mangelnde Teamfähigkeit attestieren oder ihm vorwerfen, seine Kandidatur nicht offen und frühzeitig kommuniziert zu haben. Andere dagegen betonen, die FDP sei nun mal die Partei des Wettbewerbs, da könne man schlecht etwas gegen Kampfkandidaturen haben.

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Zu hören ist auch, dass die Gruppe der Abgeordneten, die sich gerade in der Ampel ein eher konservatives und vor allem klar wirtschaftsliberales Profil der FDP wünscht, mit ihren Nein-Stimmen für die progressiveren Kollegen ein Zeichen habe setzen wollen. Der harte Kern dieser Gruppe, zu der neben Schäffler auch Wolfgang Kubicki gehört, dürfte aber insgesamt kleiner sein als die rund 30 Prozent, die für Schäffler gestimmt haben.

Immerhin: Am Wahlergebnis für Fraktionschef Christian Dürr zeigt sich, dass die Liberalen zumindest ihre Spitze nicht in Frage stellen: Dürr wurde mit knapp 93 Prozent wiedergewählt.

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