Sicherheitspolitik:Faeser beruft BSI-Chef Schönbohm ab

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Arne Schönbohm (Foto: imago images)

Die Bundesinnenministerin trennt sich vom Präsidenten der obersten Cybersicherheitsbehörde. Er stand in der Kritik wegen womöglich mangelnder Distanz zu russischen Geheimdienstkreisen.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat den Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Arne Schönbohm, abberufen. Das teilte ein Sprecher ihres Ministeriums mit - zuerst hatte der Spiegel berichtet. Schönbohm stand wegen möglicherweise mangelnder Distanz zu russischen Geheimdienstkreisen über den umstrittenen Verein "Cyber-Sicherheitsrat Deutschland" in der Kritik.

Die Ministerin habe entschieden, Schönbohm "die Führung der Dienstgeschäfte als Präsident des BSI mit sofortiger Wirkung zu untersagen", teilte der Sprecher weiter mit. Hintergrund seien nicht zuletzt die in den Medien bekannten und breit diskutierten Vorwürfe. Diese hätten "das notwendige Vertrauen der Öffentlichkeit in die Neutralität und Unparteilichkeit der Amtsführung als Präsident der wichtigsten deutschen Cybersicherheitsbehörde nachhaltig beschädigt". Dies gelte umso mehr in der aktuellen Krisenlage hinsichtlich der hybriden russischen Kriegsführung. Die im Raum stehenden Vorwürfe beeinträchtigten auch das unerlässliche Vertrauensverhältnis der Ministerin in die Amtsführung.

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In dem Fall geht es um mögliche Kontakte Schönbohms in russische Geheimdienstkreise über den "Cyber-Sicherheitsrat Deutschland". Der Verein selbst wies diesen Verdacht zurück, die Vorwürfe seien "absurd", sagte deren Präsident Hans-Wilhelm Dünn. Bei den Anschuldigungen sei es um ein Mitglied des Vereins gegangen, zu dem es aber seit Juni 2020 keine Kontakte mehr gegeben habe. Der 2012 gegründete Verein berät Unternehmen, Politiker und Behörden in Sachen Cybersicherheit und erklärt selbst, politisch neutral zu sein.

Das Team des "ZDF Magazin Royale" rund um den Moderator Jan Böhmermann hatte in seiner Sendung Verbindungen Schönbohms zu russischen Geheimdienstkreisen nahegelegt. In der Sendung zeigte der Satiriker auf, wie Schönbohm den Lobbyverein "Cyber-Sicherheitsrat Deutschland e. V." mitgegründet hat und dann im Jahr 2015 Chef der Cybersicherheitsbehörde BSI wurde. Fünf Jahre später wurde die Cybersicherheitsfirma Protelion Mitglied des von ihm gegründeten Vereins. Protelion, das bis vor einigen Monaten noch Infotecs hieß, unterhalte einem Bericht der Plattform "Forensic News" zufolge jedoch Verbindungen zu russischen Geheimdiensten.

Schönbohms Abberufung erfolge "auch aus Fürsorge für die im Fokus der Debatte stehende Person selbst", hieß es aus dem Innenministerium. Sie sei auch im Interesse der BSI-Beschäftigten, die so nunmehr unabhängig von personellen Spekulationen ihrer Arbeit nachgehen könnten. Davon unabhängig würden "alle bekannten Vorwürfe gründlich und mit Nachdruck geprüft und einer eingehenden Bewertung unterzogen". Bis zum Abschluss dieser Prüfung gelte für Schönbohm selbstverständlich die Unschuldsvermutung. Wer seine Nachfolge antreten soll, steht laut Innenministerium noch nicht fest.

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