Extremismus:Razzien gegen „Reichsbürger“: Festnahmen in Rheinland-Pfalz

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Eine Hand hält Handschellen vor einen Streifenwagen der Polizei. (Foto: David Inderlied/dpa/Illustration)

In Koblenz läuft schon ein Prozess gegen die mutmaßliche Terrorgruppe „Vereinte Patrioten“. Jetzt wurden weitere Verdächtige festgenommen - zwei davon in Rheinland-Pfalz. Innenminister Ebling spricht von einem „weiteren wichtigen Schlag gegen Verfassungsfeinde“.

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Mainz/Koblenz (dpa/lrs) - Im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen die mutmaßliche Terrorgruppe „Vereinte Patrioten“ sind ein Mann und eine Frau in Rheinland-Pfalz festgenommen worden. Dem 52-Jährigen aus dem Kreis Trier-Saarburg sowie der 32-Jährigen aus dem Kreis Bad Dürkheim wird unter anderem die Unterstützung beziehungsweise Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Das teilten die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz und das Landeskriminalamt in Mainz am Dienstag mit. Eine Richterin ordnete Untersuchungshaft gegen die beiden Beschuldigten an.

Darüber hinaus wird einer weiteren Verdächtigen - einer 53-Jährigen aus dem Kreis Bad Dürkheim - vorgeworfen, von den Planungen gewusst, diese aber nicht angezeigt zu haben. Bei Durchsuchungen wurden Mobiltelefone, andere Datenträger und Unterlagen sichergestellt. Zudem laufen Ermittlungen in fünf anderen Bundesländern gegen mutmaßliche Unterstützer der „Vereinten Patrioten“. Es wurden zahlreiche Wohnungen sogenannter Reichsbürger, die dem Umfeld der Gruppierung zugerechnet werden, durchsucht.

Der rheinland-pfälzische Innenminister Michael Ebling (SPD) sprach von einem „weiteren wichtigen Schlag gegen Verfassungsfeinde“. Die Polizei werde auch weiterhin wachsam bleiben und mit aller Entschlossenheit und konsequent gegen solche Gruppierungen vorgehen.

Wegen eines geplanten Umsturzes in Deutschland und der beabsichtigten Entführung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sind bereits vier Männer im Alter zwischen 44 und 56 Jahren und eine 76-Jährige vor dem Oberlandesgericht Koblenz angeklagt. Ihnen wird vorgeworfen, eine terroristische Vereinigung gegründet zu haben oder Mitglied darin gewesen zu sein. Die Gruppe namens „Vereinte Patrioten“ soll einen großflächigen Stromausfall, die Entführung von Lauterbach, einen politischen Umsturz und eine neue Verfassung nach dem Vorbild des Deutschen Kaiserreichs 1871 geplant haben.

„Ich danke den Ermittlern, denen ich wahrscheinlich mein Leben verdanke“, schrieb Lauterbach am Dienstag auf der Plattform X.

Dem am Dienstag festgenommenen 52-Jährigen aus dem Kreis Trier-Saarburg wird die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung sowie die Vorbereitung von Hochverrat zur Last gelegt. Er soll Hochspannungsleitungen ausgekundschaftet haben.

Der festgenommenen Frau aus dem Kreis Bad Dürkheim wird außer der Unterstützung der Terrorvereinigung auch vorgeworfen, die Pläne gebilligt und gefördert zu haben. Sie soll mehrere Chatgruppen betrieben haben, um weitere Unterstützer anzuwerben und die Kommunikation der Tatbeteiligten untereinander sicherzustellen.

Die Frau wird ferner beschuldigt, einem Mitglied der Gruppe ihr Auto zur Verfügung gestellt zu haben und ihm Dokumente mit Anleitungen zur Sprengstoff-Herstellung überlassen zu haben.

Die Generalstaatsanwaltschaft München teilte am Dienstag mit, ein in Wolfratshausen festgenommener Beschuldigter habe sich bereit erklärt, sich an der geplanten Entführung von Minister Lauterbach zu beteiligen und dafür in Kroatien Schusswaffen zu besorgen. Ein in Hessen festgenommener Mann soll seine Garage im Kreis Bergstraße als Lagerplatz für Waffen für den Umsturzversuch angeboten haben.

„Reichsbürger“ sind Menschen, die die Bundesrepublik und ihre demokratischen Strukturen nicht anerkennen. Der Verfassungsschutz rechnete der Szene der „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ 2022 deutschlandweit etwa 23.000 Menschen zu, 2000 mehr als im Vorjahr.

© dpa-infocom, dpa:231010-99-510157/6

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