Trier:Rheinland-Pfalz setzt Zeichen gegen Antisemitismus

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Der Anschlag in Halle hat in Rheinland-Pfalz eine breite Welle der Solidarität mit den jüdischen Gemeinden ausgelöst. Die Landesregierung brachte am...

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Mainz/Trier (dpa/lrs) - Der Anschlag in Halle hat in Rheinland-Pfalz eine breite Welle der Solidarität mit den jüdischen Gemeinden ausgelöst. Die Landesregierung brachte am Donnerstagabend auf einer Mahnwache in Mainz ihre Anteilnahme zum Ausdruck. Die Bischöfe in Mainz und Trier bekundeten ihr tiefes Mitgefühl.

Einem kurzfristigen Aufruf des Bündnisses „Mainz für Israel“ zu einer Mahnwache auf dem Gutenbergplatz der Landeshauptstadt folgten rund 100 Menschen, unter ihnen der Staatssekretär im Kulturministerium, Denis Alt (SPD), Finanzministerin Doris Ahnen (SPD), Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD), der evangelische Dekan Andreas Klodt und der Landesbeauftragte für jüdisches Leben und Antisemitismusfragen, Dieter Burgard. Teilnehmer der Mahnwache entzündeten Kerzen auf dem Platz.

„Die abscheulichen Ereignisse in Halle - an Jom Kippur - schockieren mich zutiefst“, erklärte Burgard. „Die Morde an diesen unschuldigen Menschen und der Angriff auf die gut besuchte Synagoge zeugen von einer solch unfassbaren Menschenverachtung, wie ich es in Deutschland nicht mehr für möglich gehalten hätte.“

Am Mittwoch hatte ein schwerbewaffneter Mann versucht, in die Synagoge in Halle (Sachsen-Anhalt) einzudringen und unter Dutzenden Gläubigen ein Blutbad anzurichten. Laut Generalbundesanwalt plante er den Mordanschlag aus einer rechtsextremistischen und antisemitischen Gesinnung heraus. Nachdem der Täter nicht in die Synagoge gelangen konnte, erschoss er vor der Synagoge und in einem nahe gelegenen Döner-Imbiss zwei Menschen, zwei weitere wurden verletzt.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Alexander Schweitzer erklärte: „Die verachtenswerte Tat von Halle muss ein Wendepunkt im Umgang mit rechtsextremer Gewalt in Deutschland sein.“ Rechter Terror sei wieder zu einer realen Gefahr für jüdisches Leben in Deutschland geworden. „Das rechtsextreme Gift, das sich im Verborgenen und in der geschützten Anonymität des Internets ausbreitet, droht unsere Gesellschaft zu lähmen.“ Rechtsextreme Hetze, rechter Terror und antisemitische Straftaten dürfen nicht länger als Einzelfälle verharmlost werden.

Jüdisches Leben in Deutschland dürfe nicht von Angst geprägt werden, mahnte der CDU-Fraktionsvorsitzende Christian Baldauf. Polizeibehörden sollten prüfen, wie potenzielle Gefährder im rechtsextremen und antisemitischen Spektrum früher und effizienter erkannt werden könnten. „Hass und Angst werden Menschen nicht in die Wiege gelegt“, sagte Baldauf. „Darum müssen wir nicht nur im Elternhaus, sondern auch von der Kita bis zum Schulabschluss jungen Menschen vermitteln, dass ein Zusammenleben in Deutschland nur auf Basis von Verständnis, Toleranz und Mitgefühl erfolgreich sein kann.“

„Es macht uns fassungslos, dass Juden in unserem Land einer solchen Gewalttat ausgesetzt sind“, schrieb der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf am Donnerstag in einem Solidaritätsbrief an den Rabbiner der Jüdischen Gemeinde von Mainz, Rheinhessen und Worms, Aharon Ran Vernikovsky. „Wir sind besonders entsetzt darüber, dass der Täter gezielt den hohen jüdischen Feiertag Jom Kippur ausgesucht hat und seinen Angriff gegen eine Gemeinde richtete, die sich zum Gebet versammelt hat.“

Der Trierer Bischof Stephan Ackermann wandte sich an die jüdischen Gemeinden in Trier, Koblenz und Saarbrücken: Die menschenverachtende Attacke sei „ein Angriff auf die ganze jüdische Gemeinschaft in Deutschland“. Als Bürger und als Bischof werde er jetzt und in Zukunft antisemitischen und menschenfeindlichen Äußerungen und Aktionen entgegentreten. „Solche Machenschaften dürfen in unserer Gesellschaft keinen Platz haben.“

Schon seit längerer Zeit sei eine Zunahme antisemitischer, rassistischer und menschenverachtender Einstellungen und Handlungen in Deutschland zu beobachten, erklärte Hans Berkessel vom Haus des Erinnerns in Mainz. „Viel zu lange hat man die Augen hiervor verschlossen, solches Denken und Handeln verharmlost und gehofft, Antisemitismus und Rassismus seien in Deutschland kein Problem mehr.“

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