Extremismus:Mutmaßliche Mitglieder einer Neonazi-Sportgruppe angeklagt

Lesezeit: 2 min

Eine Figur der blinden Justitia. (Foto: Sonja Wurtscheid/dpa/Symbolbild)

Sie sollen in Thüringen einen „Nazi-Kiez“ gegründet und Linken nach dem Leben getrachtet haben: Nun will die Bundesanwaltschaft, dass vier mutmaßlichen Rechtsextremisten aus Eisenach der Prozess gemacht wird - wegen Mitgliedschaft in einer Terrorgruppe.

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Karlsruhe (dpa) - Die Bundesanwaltschaft hat vier mutmaßliche Angehörige der Eisenacher Neonazi-Kampfsportgruppe „Knockout 51“ unter anderem wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen und terroristischen Vereinigung angeklagt. Ferner legt die oberste Anklagebehörde den Deutschen auch mehrfache gefährliche Körperverletzung, Angriffe auf Vollstreckungsbeamte, Landfriedensbruch, versuchte Gefangenenbefreiung und Verstöße gegen das Waffenrecht zur Last. Der Staatsschutzsenat des Thüringer Oberlandesgerichts muss entscheiden, ob er die Anklage zulässt.

Drei der Beschuldigten, einer als Rädelsführer, sollen spätestens im März 2019 „Knockout 51“ gegründet haben, teilte die Bundesanwaltschaft am Montag in Karlsruhe mit.

„Hierbei handelte es sich um eine rechtsextremistische Kampfsportgruppe, die unter dem Deckmantel des gemeinsamen körperlichen Trainings junge, nationalistisch gesinnte Männer anlockte, diese bewusst mit rechtsextremem Gedankengut indoktrinierte und für körperliche Auseinandersetzungen mit Polizeibeamten, Angehörigen der politisch linken Szene und sonstigen als bekämpfenswert erachteten Personen ausbildete“, hieß es. Spätestens seit April 2021 sei das Ziel der Vereinigung das Töten von Personen der linksextremen Szene gewesen.

Die Bundesanwaltschaft listet in ihrer Mitteilung 14 Vorfälle auf. Demnach mischten sich die Beschuldigten unter anderem unter „Querdenken“-Demonstrationen gegen die Corona-Politik, wollten in einem „Nazi-Kiez“ für Ordnung sorgen, brachen - ausgestattet unter anderem mit schlagkraftverstärkenden Quarzsand-Handschuhen - bei verschiedenen Vorfällen mehreren Menschen Knochen und warfen schwere Steine gegen das Jugend- und Wahlkreisbüro der Linkspartei in Eisenach.

Ihre Trainings hielt die Gruppe, in der den Angaben nach regelmäßig zehn Mitglieder aktiv waren, in der Landesgeschäftsstelle der NPD ab. „Knockout 51“ habe sich zudem bundesweit mit anderen gewaltbereiten rechtsextremen Kampfsportgruppen vernetzt.

Die vier Männer waren Anfang April 2022 bei einem großangelegten Schlag gegen die militante Neonazi-Szene festgenommen worden. Mehr als 800 Polizisten und Polizistinnen waren zu über 60 Durchsuchungen in elf Bundesländern ausgeschwärmt. Die Bundesanwaltschaft ermittelte nach damaligen Angaben gegen 50 mutmaßliche Rechtsextremisten. Die nun Beschuldigten sind seither in Untersuchungshaft.

Die Thüringer Linke-Abgeordnete Katharina König-Preuss erklärte, es sei richtig, dass die Generalbundesanwaltschaft schließlich gegen „Knockout 51“ vorgegangen sei. „Viel zulange konnten sich Neonazis in Eisenach weitgehend konsequenzenlos radikalisieren, den Umgang mit Waffen und Kampfsport trainieren und massive Gewalt gezielt gegen politisch-linke Gegner und Menschen mit Migrationsgeschichte einsetzen“, sagte sie.

Ihrer Ansicht nach hätte das Verfahren bereits vor Jahren stattfinden können. „Ein Verbot von „Knockout 51“ wäre spätestens 2019 möglich gewesen.“ Demnach seien mehr als 60 Straftaten, darunter mehrfach schwere Körperverletzungen, Verstöße gegen Waffen- und Sprengstoffgesetz im Zeitraum zwischen 2015 und 2018 bekannt gewesen. Das gehe aus der Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage von ihr hervor. „Es darf jedoch nicht noch einmal so viel Zeit verstreichen, bis der Staat handelt.“

© dpa-infocom, dpa:230515-99-697023/4

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: