Pläne der EU:Wie einst bei der Glühbirne

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Heizungen sollen künftig aus einer Kilowattstunde Strom, Gas oder Öl mindestens 1,15 Kilowattstunden Wärme produzieren. So wäre zumindest der Plan. (Foto: serienlicht/Imago)

Wenn es nach der EU-Kommission geht, sollen Öl- und Gasheizungen bald in ganz Europa keine Zukunft mehr haben. Sie setzt dabei einmal mehr auf Energieeffizienz.

Von Jan Diesteldorf, Brüssel

Wenn es mit den Heizungen so läuft wie seinerzeit mit der Glühbirne, dann ist der weitere Verlauf dieser Diskussion absehbar. Die Glaskugeln mit einem leuchtenden Glühdraht, eine Technik aus dem 19. Jahrhundert, wurden in den späten 2000er-Jahren zum Symbol der Wahlfreiheit in der heimischen Beleuchtung stilisiert. Sie wurden zum Quell der Wut auf Brüsseler Beamte, die hineinregieren in die privaten Gemächer. Von September 2009 an verschwand die Glühfadenlampe dank strengerer Effizienzvorgaben schrittweise vom Markt, drei Jahre später war Schluss. Und heute? Im LED-Zeitalter beschweren sich höchstens noch Nostalgiker über das Glühbirnen-Aus.

Jetzt ist die Aufregung wieder groß, wegen geplanter Vorgaben der EU-Kommission für Raum- und Kombiheizungen. Die gingen noch über die Pläne der deutschen Ampelkoalition hinaus, hieß es im Frühjahr, würden diese gar aushebeln. Der Streit um das Gebäudeenergiegesetz hatte da gerade erst begonnen. Parallel zur deutschen Wärmewende überarbeitet die Kommission in diesem Jahr eine Reihe von Vorschriften zur Energieeffizienz, darunter den Mindestwirkungsgrad von neu eingebauten Heizsystemen. Der sollte von 2029 an bei mindestens 115 Prozent liegen, wie aus einem Ende April durchgestochenen Verordnungsentwurf hervorgeht. Demnach müssten Heizungen künftig aus einer Kilowattstunde Strom, Gas oder Öl mindestens 1,15 Kilowattstunden Wärme produzieren.

Reine Öl- und Gasheizungen ohne Kombination mit Solarthermie oder Wärmepumpe können das nach dem Stand der Technik nicht erfüllen. Sie hätten dann europaweit keine Zukunft mehr, wobei Bestandsgeräte nicht betroffen wären und gebrauchte Heizungen noch verkauft werden dürften.

Die Kommission darf Standards für elektrische Geräte festlegen - und für Heizungen

Grundlage der Vorgaben ist die Ökodesign-Richtlinie von 2005. Sie wurde vier Jahre später erweitert und ermöglicht es der Kommission seither, Mindeststandards für den Energieverbrauch von Geräten in 29 Produktgruppen festzulegen. Das betrifft so gut wie alle Geräte, ob Waschmaschinen, Lampen oder eben Heizungen - nur Verkehrsmittel sind ausgenommen. Die Heizungsvorgaben wurden zuletzt 2013 überarbeitet und brauchen ein Update.

Vor jeder Neufassung beraten sich die Beamten mit Vertretern der Mitgliedstaaten sowie mit Wirtschafts- und Verbraucherverbänden. Als die Ende April erstmals in der Sache zusammensaßen, lag der Verordnungsentwurf mit der 115-Prozent-Vorgabe für Heizungen auf dem Tisch - und gelangte über Industrievertreter an die Öffentlichkeit. Zuerst nur wenig beachtet, zog ihn die Bild-Zeitung einen Monat später wieder hervor, auf dem Weg zum Höhepunkt im deutschen Heizungsstreit: Alles noch viel schlimmer, wegen Brüssel. FDP-Abgeordnete hatten sich über die Pläne empört gezeigt.

Noch ist alles in einem frühen Stadium

Die EU-Kommission hält dagegen. Sie werde "vor Abschluss der laufenden Konsultationsverfahren und Diskussionen keine Entscheidungen über Grenzwerte treffen", erklärte ein Sprecher, sondern "im Lichte der Ergebnisse entscheiden". Noch ist also alles in einem frühen Stadium, und ohne die Mitgliedstaaten geht nichts. Die entscheiden am Ende mit qualifizierter Mehrheit: Damit die Verordnung Gesetz wird, müssen mindestens 15 von 27 Mitgliedstaaten dafür stimmen, die zusammen mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung ausmachen. Das EU-Parlament hat außerdem ein Mitspracherecht.

Bei einer weiteren Sitzung auf Arbeitsebene Mitte Juni haben dem Vernehmen nach mehrere Staaten Bedenken angemeldet. Für die Bundesregierung ist die Verzögerung beim Gebäudeenergiegesetz (GEG) auch in diesem Kontext problematisch: Sie wollte laut Bundeswirtschaftsministerium eine Position vertreten, "die sich mit den Beschlüssen zum GEG inklusive Ausnahmeregelungen, Übergangsfristen und Härtefallregelungen deckt". Mit einem Ergebnis ist nicht vor Ende des Jahres zu rechnen. Es wäre überraschend, wenn die Kommission von harten Effizienzvorgaben abrückt. "Ohne ein solches Signal für Neuinstallationen von 2029 an bestünde das Risiko, dass die Klimaschutzmaßnahmen privater Haushalte ausgebremst werden", teilte sie mit.

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