Treffen in Sotschi:Vorerst keine Rückkehr zum Getreidedeal

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Wohin mit der Ernte? Ein ukrainischer Arbeiter im Gebiet von Tschernihiw. (Foto: Pierre Crom/Getty Images)

Bei seinem Besuch in Russland versucht der türkische Präsident Erdoğan vergeblich, rasch das Getreideabkommen für die Ukraine wiederbeleben. Putin beharrt auf seinen Forderungen.

Von Raphael Geiger, Istanbul

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat am Montag im russischen Sotschi vergeblich versucht, Kremlchef Wladimir Putin zu einer Rückkehr zum ausgesetzten Getreideabkommen zu bewegen. Putin sagte, dass erst die Beschränkungen für die Ausfuhr russischer Agrarprodukte aufgehoben werden müssten. Er beklagte erneut, dass die westlichen Sanktionen angeblich den Export von russischem Getreide, von Dünger und Agrartechnik behindern würden.

Erdoğan sagte dennoch, dass er an eine baldige Lösung glaube. Die Vereinten Nationen und die Türkei würden neue Vorschläge zum Getreideabkommen vorbereiten. Es war das erste Treffen der beiden seit dem vergangenen Oktober. Im Juli hatte Russland das von Erdoğan vermittelte Getreideabkommen aufgekündigt, das den Export von ukrainischem Getreide und Mais über das Schwarze Meer in Richtung Istanbul regelte.

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Es müssten zunächst technische Details einer möglichen Verwendung der Marschflugkörper in der Ukraine geklärt werden, sagt die Außenministerin. Die USA warnen Nordkorea davor, an Russland Waffen zu liefern.

Erdoğan wollte Putin eigentlich in der Türkei empfangen, nun flog er stattdessen nach Russland, um zu versuchen, das Abkommen wiederzubeleben. Er sei sicher, dass von dem Treffen "eine wichtige Botschaft" gerade auch an afrikanische Länder ausgehen werde, sagte Erdoğan, als er Putin traf. Der versicherte, er sei bereit, noch einmal über das Abkommen zu reden. Allerdings dämpfte Kremlsprecher Dmitrij Peskow noch während der Gespräche zu große Hoffnungen. Er sagte, es sei nicht damit zu rechnen, dass Dokumente unterzeichnet würden.

Über Donauhäfen kann die Ukraine die Blockade umgehen

Erdoğans Reise begann wenige Stunden nach einem russischen Angriff auf ukrainische Getreidehäfen. Laut ukrainischer Darstellung waren es Shahed-Drohnen, die Russland in Iran gekauft hat, die sich in der Nacht zum Montag vom Schwarzen Meer aus näherten. Es sind Einwegdrohnen, die zerstören, indem man sie über ihren Zielen zum Absturz bringt.

Diesmal hat er nichts erreicht: Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan zu Besuch bei Russlands Machthaber Wladimir Putin in Sotschi. (Foto: MURAT CETINMUHURDAR/Türkisches Präsdialamt/ REUTERS)

Diesmal stürzten sie auf die Hafenanlagen von Ismail, einem Hafen an der Donau, unweit des Schwarzen Meeres. Die Donau ist an der Stelle der Grenzfluss zwischen der Ukraine und Rumänien. Seit Russland das Getreideabkommen im Juli hat auslaufen lassen, konnte die Ukraine nicht mehr exportieren, jedenfalls nicht mehr wie bisher per Frachter übers Meer.

Donauhäfen wie jener in Ismail sind für die Ukraine ein Weg, die russische Blockade zu umgehen. Das Getreide nimmt von Ismail aus einen Umweg über den Fluss ins rumänische Constanța; erst dort, auf EU-Boden, wird es dann auf Ozeanfrachter verladen. Genau dieses Vorgehen attackierte Russland nun mit dem Drohnenangriff. Die Ukraine meldete Sachschäden, brennende Getreidelager, aber keine Toten und Verletzten.

Die Türkei spielt im Drohnenkrieg eine wichtige Rolle

Die Attacke galt dem Hafen, mutmaßlich sollte sie vor Erdoğans Reise zu Putin aber auch eine symbolische Wirkung entfalten: Russland ist in der Lage zu kontrollieren, was rund um das Schwarze Meer passiert. Gerade gegenüber der Türkei, die ihrerseits der Ukraine ihre TB2-Drohnen liefert und somit im Drohnenkrieg in der Ukraine eine wichtige Rolle spielt.

Der türkische Präsident Erdoğan und Kremlchef Putin haben Übung darin, in Kriegen auf unterschiedlichen Seiten zu stehen. In Syrien bekämpften sie sich indirekt jahrelang, im Konflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien stehen sie sich als gegnerische Schutzmächte gegenüber. Es ist allerdings auch für die beiden neu, dass türkische Waffen sich direkt gegen russisches Militär richten.

Erdoğan bemerkte Putins Schwäche zuletzt und suchte demonstrativ die Nähe zum Westen. Er empfing den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij in Istanbul und übergab ihm mehrere von dessen Kommandeuren aus dem Asow-Stahlwerk in Mariupol. Russland hatte diese Kommandeure gefangen genommen und im Rahmen eines Deals an die Türkei ausgeliefert, unter der Bedingung, dass sie dort bleiben. Erdoğan setzte sich schlicht darüber hinweg, für Putin eine Provokation.

Das Handelsvolumen zwischen Russland und der Türkei wächst

Streng genommen saßen sich am Montag in Sotschi also Kriegsgegner gegenüber. Erdoğan wie Putin betonten am Anfang ihre wirtschaftlichen Beziehungen, die tatsächlich zentral für das russisch-türkische Verhältnis sein dürften. Das Handelsvolumen zwischen den Ländern wächst, die russischen Urlauber belegen in der türkischen Tourismusstatistik den ersten Platz. Ausgiebig sprach Erdoğan über den Energiesektor, vor allem über den Plan, die Türkei in einen Umschlagplatz für russisches Gas zu verwandeln.

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Erdoğan und Putin waren schon oft in der Lage, ihre Interessen miteinander zu vereinbaren. Dass die Türkei zwar der Ukraine Drohnen liefert, sich aber nicht an den Sanktionen gegen Russland beteiligt, bringt sie in eine vorteilhafte Rolle: Russisches Gas, das in der Türkei angekommen ist, könnte bald von dort aus weiter in die Welt fließen.

In eine ähnliche Richtung dachte Putin offenbar schon länger auch beim Getreideabkommen. Russische Agrargüter haben es wegen der westlichen Sanktionen schwer, auf den internationalen Markt zu kommen. Das Land ist durch die Sanktionen vom internationalen Zahlungssystem Swift ausgeschlossen. Auch hier könnte die Türkei als eine Art Maklerin auftreten.

Darum also ging es bei dem Treffen: auszuloten, welche Rolle die Türkei für Russland spielen kann. Und auch, ob das langjährige Verhältnis zwischen Erdoğan und Putin nach den jüngsten Verstimmungen noch intakt ist. Erdoğans Ehrgeiz dürfte nicht beim Getreideabkommen enden. Er wäre gern derjenige, der weiter zwischen Russland und der Ukraine vermittelt, bis hin zu einem möglichen Friedensabkommen.

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