Zahlen zur geplanten Reform:Die magischen 150 000

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Es nehmen mehr Männer Elternzeit als früher, aber sie bleiben noch immer deutlich kürzer zu Hause als Frauen. (Foto: Goryaynova/Cavan Images/Imago images)

Die Einkommensgrenze fürs Elterngeld soll sinken. Wer bekommt es bisher - und wer wäre betroffen? Ein Überblick.

Von Nils Wischmeyer, Köln

Die Bundesregierung will sparen und Bundesfamilienministerium Lisa Paus (Grüne) will dafür das Elterngeld reformieren. Wie sind die bisherigen Regelungen?

Eingeführt wurde das Elterngeld 2007. Gedacht ist es als Ausgleich für das Einkommen, das wegfällt, wenn sich eine Person zu Hause um das Kind kümmert. Die Leistung sollte unter anderem die niedrige Geburtenrate von 1,34 Kindern je Frau (Stand 2005) erhöhen. Das Elterngeld gibt es in vielen Spielarten. Vereinfacht gesagt bekommt eine Familie für den Elternteil, der zu Hause bleibt, bisher eine Ausgleichszahlung, die zwischen 300 und 1800 Euro im Monat liegt. Die Höhe ist abhängig vom letzten Nettoeinkommen und davon, ob jemand nach der Geburt des Kindes arbeitet. Eltern mit höherem Einkommen haben Anspruch auf 65 Prozent des letzten Nettoeinkommens oder maximal 1800 Euro. Bei Menschen mit niedrigerem Einkommen kann der Prozentsatz höher liegen.

Beziehen können es alle Eltern, die nicht über der Einkommensgrenze liegen. Diese lag lange bei 500 000 Euro für Paare, 2021 wurde sie auf 300 000 Euro gesenkt. Nun will Paus die Einkommensgrenze auf 150 000 Euro halbieren. Wichtig ist dabei, dass sich der Grenzwert auf das zu versteuernde Haushaltseinkommen bezieht. Das bedeutet, Freibeträge, Vorsorgeaufwendungen und auch Werbungskosten sind schon abgezogen. Auf ein zu versteuerndes Einkommen von 150 000 Euro kommen beispielsweise Paare, die in ihrem Angestelltenverhältnis jeweils 90 000 Euro brutto verdienen und bisher kein Kind haben.

Gezahlt wird das Elterngeld in der Basisversion 14 Monate, wenn beide Eltern mindestens zwei Monate Elternzeit nehmen oder eine Person alleinerziehend ist. Paare dürfen sich die Monate frei aufteilen. Es gibt darüber hinaus Zusatzzahlungen und Bonussysteme für Paare, die sich ergänzen oder die Länge der Zahlung beeinflussen.

Bezogen haben das Elterngeld im vergangenen Jahr mehr als 1,88 Millionen Personen, davon 1,4 Millionen Frauen und mehr als 480 000 Männer. Der Männeranteil lag damit so hoch wie noch nie. Bei der Häufigkeit und Länge der Beantragung unterscheiden sich Frauen und Männer trotzdem noch immer deutlich. So lag die geplante Dauer, Elterngeld zu beziehen, bei Frauen bei 14,6 Monaten und bei Männern gerade einmal bei 3,6 Monaten. Woran das liegen könnte, zeigt eine andere Statistik: Der zufolge bezogen im Jahr 2020 mehr als 74 000 Männer den Höchstsatz von 1800 Euro und nur 47 000 Frauen.

Die Befürchtung ist nun, dass gerade Männer nicht mehr zu Hause bleiben, wenn der Grenzwert abgesenkt wird, weil sie in der Familie das höhere Einkommen haben und ohne Ausgleich der Anreiz für Elternzeit gering ist.

Betroffen von den Kürzungen sind laut Paus nun rund 60 000 Familien in Deutschland, also eine vergleichsweise kleine und einkommensstarke Gruppe. Denn bei einem Bruttoeinkommen von ungefähr 180 000 Euro (netto etwa 100 000) gehört eine Familie mit einem Kind laut einem Rechner des IW Köln zu den einkommensstärksten zwei oder vier Prozent der Gesamtbevölkerung, je nach Altersklasse.

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