Hafencity:Der Scholzturm

Lesezeit: 2 min

Noch gibt es ihn nur im Computer: Visualisierung des Elbtowers nahe der Elbbrücken. (Foto: Signa_Chipperfield/HafenCity Hamburg GmbH/dpa)

Hamburg debattiert über ein Megahochhaus namens Elbtower. Kritiker fordern ein Referendum, doch die Baugenehmigung ist schon erteilt.

Von Peter Burghardt, Hamburg

Irgendwann wurde Hamburg zu klein für Olaf Scholz, Berlin rief. Aber bevor der Bürgermeister zum Finanzminister, Vizekanzler und später zum Bundeskanzler aufstieg, hinterließ er seiner Heimat die Aussicht auf ein besonders großes Haus. Die Elbphilharmonie war mit leichter Verzögerung Anfang 2017 eröffnet worden. Im Februar 2018 stellte Scholz dann kurz vor seinem Umzug im Kaisersaal des Rathauses den Elbtower vor.

Inzwischen darf gebaut werden, aber fürs Erste wächst vor allem der Widerstand. Wie üblich bei größeren Projekten. 245 Meter hoch soll der Elbtower an den Elbbrücken werden, er wäre das höchste Bürogebäude der Hansestadt und die Nummer drei in Deutschland. Architekt ist David Chipperfield, Bauherr die Signa-Gruppe des Österreichers René Benko. Der Entwurf sieht mit etwas Fantasie aus wie ein elegant verdrehter Stiefel. Der Turm werde Teil des Kunstwerks Hamburg, sagte Scholz bei der Präsentation. Einige Hamburger allerdings finden, dass der Turm gar nicht ins Kunstwerk Hamburg passt.

Die einen schwärmen von einem "neuen architektonischen Wahrzeichen", das nach 20 Jahren die Hafencity krönen soll. "Statement und Understatement", finden die Entwickler, "Hamburg rising above itself." Andere sind weniger überzeugt davon, dass Hamburg in der Ära Home-Office und Klimaschutz so über sich hinauswachsen muss. Von Größenwahn ist die Rede, von einem Monster, einem Riesenphallus. Eine Linken-Abgeordnete bezeichnete den Elbtower als "Olaf-Scholz-Gedenkturm", der völlig überflüssig sei und sich nur in den Geldbeutel des Investors einfüge, nicht in die Stadtsilhouette.

Im Vergleich zum Beispiel zu Frankfurts Mainhattan mit seinen Bankentürmen ist die Hamburger Skyline traditionell dezent, hinter dem Wasser und dem Hafen geprägt von Kirchen wie dem Michel, dem Rathaus und seit einiger Zeit der Elphi mit ihrem Wellendach. Noch höher als der Elbtower wären hier künftig nur noch die Antennen des Hamburger Fernsehturms, das halten Bewahrer für unpassend.

Architekturkritiker und ein Pastor machten sich im vergangenen Dezember "Sorgen um unser hanseatisches Hamburg". Sie finden, es brauche ein Referendum, um den Elbtower zu legitimieren. Der eine oder andere Zweifler fragt sich, wozu es 64 Stockwerke und 100 000 Quadratmeter Geschossfläche braucht. Noch dazu an diesem Ort. Büros sollen vor allem hinein, dazu unter anderem Räume für Fitness, Wellness, Co-Working sowie Restaurant und Hotel, zu deren Gründern der US-Schauspieler Robert de Niro gehört.

Um die 700 Millionen Euro wird das dem Vernehmen nach kosten, möglicherweise mehr. Unternehmer und Karstadt-Besitzer Benko gehören in Hamburg auch weitere Immobilien. Es sprach sich außerdem herum, dass der Milliardär viele seiner Firmen über Gesellschaften in Luxemburg verwaltet. Für eine Baugenehmigung sollten 30 Prozent der Turmfläche vermietet sein. Selbst SPD-Abgeordnete in der Bürgerschaft wunderten sich, als im März 2022 plötzlich bekannt wurde, dass die Baugenehmigung schon erteilt war. In oberen Geschossen soll es eine Aussichtsplattform geben. Wird der Elbtower alias Scholzturm tatsächlich fertig, dann kann man dort oben ab circa 2025 auf das alte Hamburg hinabschauen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Bewohnbare Brücke
:Ist das irre? Ja, zum Glück

In Düsseldorf soll die Theodor-Heuss-Brücke aus dem Jahr 1957 saniert oder neugebaut werden. Architekten schlagen ein begrüntes Modell zum Wohnen vor.

Von Gerhard Matzig

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: