Vor Midterm-Wahlen:Trump schlägt zurück

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"Wir werden uns unser Land zurückholen": Der ehemalige US-Präsident Donald Trump am Samstag bei einer Wahlkampfrede in Pennsylvania (Foto: Ed Jones/AFP)

US-Präsident Joe Biden hat Donald Trump als "Gefahr für unsere Demokratie" bezeichnet. Nun antwortet Trump mit einer wüsten Rede - und schürt die Wut seiner Fans.

Von Fabian Fellmann, Washington

Donald Trump hat Joe Biden als "Staatsfeind" bezeichnet. In einer Wahlkampfrede in Pennsylvania sprühte er am Samstagabend Gift und Galle gegen den US-Präsidenten, der ihn am Donnerstag eine "Gefahr für unsere Demokratie" genannt hatte. Alles wie gehabt also? Das bekannte aufgeregte Hickhack zwischen zwei alten Männern, dessen viele bereits im Wahlkampf 2020 so überdrüssig geworden sind? Mitnichten.

Die nächste Gelegenheit für ein direktes Kräftemessen der beiden liegt in weiter Ferne. Die Präsidentschaftswahl 2024 mag bereits nahe wirken, in der politischen Zeitrechnung eines 79- und eines 76-Jährigen ist sie noch eine Ewigkeit entfernt. Zunehmend aber zeichnet sich ab, dass bereits die Zwischenwahlen im November dieses Jahres zu einem Referendum über Biden und Trump werden. Das Umfeld dieser Zwischenwahlen unterscheidet sich grundlegend von der Wahl 2020.

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Biden wollte mit seiner Rede die Republikaner aufrütteln. Das Risiko, das er einging, zahlt sich wohl nicht aus.

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Es mag zum gewohnt aufgeregten Ton der amerikanischen Politik gehören, dass die Rivalen einander hart kritisieren. Trumps Rhetorik aber, die seit jeher problematisch ist, hat in den vergangenen Wochen eine besorgniserregende Eskalationsstufe erreicht. Wie gewalttätig seine Gefolgschaft darauf reagieren kann, hat sie beim Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 gezeigt.

Die Kapitolstürmer sieht Trump als Verbündete. Und die Justiz? "Bösartige Monster"

Ihr Anführer hat die Ausschreitungen damals zuerst angezettelt und sie danach zwar verurteilt, aber nur widerwillig, zögerlich und halbherzig. Inzwischen brüstet er sich wieder öffentlich damit, die Kapitolstürmer in seinem Büro empfangen zu haben und ihre Verteidigung zu finanzieren. Und er stellt ihnen Begnadigungen in Aussicht, falls er noch einmal ins Weiße Haus gewählt werden sollte.

Nach Kräften schürt Trump nun wieder die Wut seiner Fans, als sei die Gewalt gar nie geschehen - oder, schlimmer noch, als begrüße er diese. Biden habe bei seiner Rede ausgesehen wie der Teufel, sagte Trump am Samstagabend in Pennsylvania. Den Minderheitsführer der Republikaner im Senat, Mitch McConnell, schimpfte er einen feigen "Hund". Das Justizministerium und das FBI, das eine Razzia auf seinem Anwesen in Mar-a-Lago durchführte, weil Trump dort geheime Dokumente versteckte, nannte er "bösartige Monster" und "korrupt". Die Drohungen seiner Gefolgschaft gegen die Bundespolizei und den bewaffneten Angriff auf deren Zweigstelle in Ohio erwähnte er nicht.

Dafür erzählte Trump Details, um die Menge aufzuwiegeln, etwa, das FBI habe die Schubladen der früheren First Lady Melania Trump durchwühlt und sogar das Zimmer seines 16-jährigen Sohns Barron durchsucht. Das sei nicht nur ein Angriff auf seine Rechte gewesen, sagte Trump, sondern auf "die Hoffnungen und Träume jedes Bürgers, für die ich gekämpft habe". Das Motiv, das er damit bemühte, ist hinlänglich bekannt: Er als Anführer verkörpere seine Gefolgschaft. "Diesen November werden wir uns erheben gegen diese wachsende Tyrannei von Krankheit, Widerrechtlichkeit und Tod", rief Trump in die Menge. "Und wir werden uns unser Land zurückholen. Wir werden es uns nehmen."

Der Ex-Präsident zitiert Sowjet-Diktatoren und lobt Xi

Dass Trump keinerlei Wahlresultate anerkennen wird, bei denen seine Leute nicht gewinnen, steht bereits außer Frage. Seine Anhänger versuchen gerade, die Wahlaufsichtsgremien auf allen Staatsebenen zu übernehmen. Trump zitierte am Samstag gar den sowjetischen Diktatoren Josef Stalin, der einmal bemerkt hatte, dass die Stimmenzähler entscheidend seien, nicht die Stimmen. Nur nebenbei sei bemerkt, dass Trump die Aussage Lenin zuschrieb.

Den chinesischen Präsidenten Xi Jinping erwähnte Trump überaus wohlwollend, weil der "Präsident auf Lebenszeit" sei. Xi sorge für Sicherheit in China, etwa indem er Drogenhändler von Schnellgerichten zum Tod verurteilen lasse. Auch das ist ein durchsichtiges Motiv Trumps, der ständig behauptet, die USA gingen gerade zur Hölle, nur er könne wieder Ruhe und Ordnung herstellen, etwa mit der Todesstrafe für Drogenhändler.

Pennsylvania hat sich Trump für seine Rede ausgesucht, weil der Bundesstaat besonders umkämpft ist. Sein Senatskandidat Mehmet Oz hinkt in den Umfragen hinter dem Demokraten John Fetterman her, den Trump ohne jegliche Beweise bezichtigte, alle möglichen Drogen zu nehmen. Zudem holte er den Gouverneurskandidaten Doug Mastriano auf die Bühne, einen seiner Getreuen, der ebenfalls einen Rückstand hat auf den Demokraten Josh Shapiro.

Joe Biden hatte seine Rede am Donnerstag ebenfalls in dem Bundesstaat gehalten, in Philadelphia, der Geburtsstätte der Vereinigten Staaten von Amerika. Am Montag wird er schon wieder dort erwartet, diesmal in der früheren Industriestadt Pittsburgh, bei Feierlichkeiten zum Tag der Arbeit, der in den USA traditionell die Schlussphase der Wahlkampagnen einläutet.

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